Benedikt XVI.: Das Vorbild des Einsiedlerpapstes Cölestin
Bei einem Besuch in
der Abruzzen-Stadt Sulmona hat Papst Benedikt XVI. am Sonntag den Hl. Papst und Einsiedler
Cölestin als Vorbild für die heutige Kirche gewürdigt. Bei einem Gottesdienst unter
freiem Himmel rief er zu Einfachheit, Innerlichkeit, Dankbarkeit gegenüber Gott und
zur Bewahrung der Schöpfung auf. Coelestin V. war 1294 gegen seinen Widerstand
zum Kirchenoberhaupt gewählt worden. In einer kirchenhistorisch beispiellosen Entscheidung
gab er sein Papstamt nach wenigen Monaten wieder ab und lebte lange Zeit nahe Sulmona
als Einsiedler.
Cölestin sei vor allem ein Gottsucher gewesen: ein Mensch,
der die Antworten auf die großen Fragen suchte: wer bin ich, von wo komme ich, warum
lebe ich, wozu lebe ich?
„Wir leben in einer Gesellschaft, in der jeder
Ort, jeder Moment zugeschüttet wird von Initiativen, von Aktivität, von Lärm; Oft
gibt es keine Zeit für das Hören und für das Gespräch. Liebe Schwestern und Brüder,
haben wir keine Angst vor der Stille um uns und in uns, wenn wir fähig sein wollen,
nicht nur die Stimme Gottes zu hören, sondern auch die der Menschen um uns herum,
unserer Nächsten.“ Desweiteren haben Cölestin vorgelebt, alles als Geschenk
anzunehmen - In jedem einzelnen Leben könne man leicht in allem Schönen und Guten
seine Gnade erkennen:
„Deswegen müssen wir aufmerksam sein und die inneren
Augen immer offen haben, die Augen unseres Herzens. Und wenn wir lernen, Gott durch
seine unendliche Güte kennen zu lernen, sind wir auch fähig, mit Staunen in unserem
Leben - wie die Heiligen - die Zeichen Gottes zu sehen, der immer nahe ist, der immer
gut ist zu uns und der uns sagt: „Glaubt an mich!“ Schließlich sei in Cölestin
eine lebendige Erfahrung der Schönheit der Schöpfung gereift, die ein Werk der Hände
Gottes sei:
„Ich ermutige euch in euren Anstrengungen, ich ermahne alle,
sich verantwortlich für die eigene Zukunft zu fühlen, wie auch für die der Nächsten,
und die Schöpfung zu respektieren und zu bewahren, die Frucht und das Zeichen der
Liebe Gottes.“ Dass Cölestin als Eremit lebte, heißt aber nicht, dass er in
sich selbst abgeschlossen war, sondern gerade der Primat des Gebets habe ihm die Prioritäten
des Evangeliums eröffnet:
„Die klare, offene und mutige Verkündigung
- auch in den Momenten der Verfolgung - ohne weder der Mode noch der Gewalt nachzugeben;
die Abkehr von der Beschäftigung mit den Dingen der Welt - dem Geld oder der Kleidung
- und das Vertrauen in die Vorsehung des Vaters; die Sorge und Aufmerksamkeit besonders
für die körperlich und geistig Kranken. Dies sind die Merkmale der missionarischen
Aktivität der Kirche zu jeder Zeit.“
Im Rahmen seines eintägigen Besuchs
wollte Benedikt XVI. auch mit Inhaftierten und Mitarbeitern des örtlichen Gefängnisses
zusammentreffen. Abschließend steht am späten Nachmittag eine Begegnung mit Jugendlichen
in der Kathedrale San Panfilo auf dem Programm. Dort wird das Kirchenoberhaupt in
der Krypta die Reliquien des Stadtpatrons San Panfilo sowie Coelestins V. verehren.
Am Abend fliegt der Papst mit dem Hubschrauber nach Rom zurück.
Es ist das
zweite Mal, dass Benedikt XVI. eine Gedenkstätte des heiligen Coelestin V. aufsucht.
Bereits im April 2009 legte er am Schrein seines Vorgängers in der Abruzzen-Hauptstadt
L'Aquila eine Ehrenstola, ein sogenanntes Pallium, nieder.