2010-07-03 11:46:41

Papstreise nach Sulmona und zu Papst Coelestin V.: Der Papst, der auf sein Amt verzichtete


RealAudioMP3 Papst Benedikt XVI. besucht an diesem Sonntag das mittelitalienische Sulmona. Anlass ist der 800. Geburtstag von Papst Coelestin V., der lange Zeit nahe der Abruzzen-Stadt als Einsiedler lebte. Laut Programm will Benedikt XVI. vor den Reliquien des Heiligen in der Krypta der Kathedrale beten. Zentrales Ereignis der 19. inneritalienischen Reise von Benedikt XVI. ist am Vormittag eine Messe unter freiem Himmel in der Innenstadt von Sulmona und ein Treffen mit Jugendlichen.
Mit einem Besuch an Coelestins Grab wird Papst Benedikt XVI. einmal mehr die Aufmerksamkeit auf einen seiner Vorgänger lenken, der eine der außergewöhnlichsten Figuren ist, die je auf dem Stuhl Petri saßen. Und obwohl Rom und seine Umgebung an Papstgräbern wirklich nicht arm ist, ist es bereits sein zweiter Besuch am Grab dieses Papstes. Im letzten Jahr hatte er dort als Zeichen der Verbundenheit sogar sein Pallium – die Stola der Erzbischöfe – niedergelegt. Grund genug für uns, zu fragen, was so besonders an diesem mittelalterlichen Papst war. Pater Klaus Schatz, emeritierter Professor für Kirchengeschichte an der Jesuitenhochschule Sankt Georgen:


„Das besondere an Coelestin ist, dass er nach weniger als einem halben Jahr als Papst abgedankt hat, weil er seiner Aufgabe nicht gewachsen war. Es hat zwar auch andere Päpste in der Geschichte gegeben, die zurückgetreten sind, Coelestin V. bietet aber den einzigen Fall eines Rücktritts eines Papstes, dessen Legitimität nicht bestritten war.“

Es waren schwierige Zeiten, das Papsttum steckte in einer Krise und viele römische Adelsfamilien stritten mit allen Mitteln um die Macht in Mittelitalien. Die Papstwahlen fielen dem zum Opfer und so gab es immer wieder lange Zeiten ohne Papst.


„Wir sind im Jahre 1294. Vorangegangen war eine von vielen in diesem Fall über zwei Jahre dauernde Sedisvakanz. Coelestin war ein Mönch, ein frommer Einsiedler, Pietro Morone mit Namen. Er stand im Rufe der Heiligkeit und hatte wohl durchaus spirituelles Format. Man kann auch nicht sagen, er sei eine völlig weltfremde Persönlichkeit gewesen, er hatte wohl Leitungserfahrung im klösterlichen Bereich. Er hatte eine Botschaft an das Konklave gerichtet und das göttliche Strafgericht angedroht, wenn sie nicht bald einen Papst wählen würden.“

Und das tat das Konklave dann auch, und es wählte diesen frommen Einsiedler. Als Zeichen der Demut ritt er zu seiner Krönung nach L'Aquila auf einem Esel ein und in der religiös aufgeheizten Zeit war dieser Papst für Viele ein Zeichen.


„Er wurde von vielen Kreisen überschwänglich begrüßt als der Engelspapst, der Papa Angelicus. Aber es zeigte sich bald, dass er auf dem glatten Parkett der Politik völlig überfordert war und ein so kompliziertes Instrument, wie es die römische Kurie schon am Ende des 13. Jahrhunderts war, nicht in den Griff bekam.“

So trat er zurück, einige Historiker behaupten, er tat dies nicht freiwillig. Sein Nachfolger Bonifaz VIII., berühmt geworden durch die Bulle „Unam Sanctam“, führte einen Machtkampf mit dem französischen König. Aber er fürchtete seinen Vorgänger, den Engelspapst, auch.


„Bonifaz VIII. fürchtete, dass sich um den ehemaligen Papst Coelestin V., Pietro Morone, ein Widerstandskreis sammeln würde und setzte ihn nach einem gescheiterten Fluchtversuch fest. Daraufhin ist Pietro Morone in dieser Haft gestorben.“

Beide – Bonifaz und Coelestin – stehen für zwei völlig verschiedene Extreme des mittelalterlichen Papsttums. Auch lange nach dieser kurzen Episode des Papstes Coelestin schwanken die Urteile über ihn:


„Die kirchlichen Kämpfe gingen natürlich weiter und verschärften sich. Um so mehr, da der Rücktritt von Coelestin V. für viele, die auf ein erneuertes Papsttum gehofft hatten, die große Enttäuschung war. Diese Enttäuschung klingt auch bei Dante an, der Coelestin V. in seiner Göttlichen Komödie verurteilt, bzw. in die Vorhölle zu den Lauen und Unentschiedenen versetzt hat. Dort trifft er den Schatten dessen, der „feige beging den großen Amtsverzicht“. Der Vorwurf lautet, aus Egoismus, aus Sorge um das eigene Seelenheil, sei Coelestin V. der Verantwortung entflohen.“

(rv 03.07.2010 ord)







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