Christen werden in
Pakistan mehr und mehr zum „Freiwild“. Davor warnt Prälat Meyer, Verantwortlicher
für Weltkirche und Aufsichtsratsvorsitzender des kirchlichen Hilfswerkes „Aktion Hoffnung“
im Bistum Augsburg. Über die Verfolgung religiöser Minderheiten in Pakistan wurde
zuletzt auch im EU-Parlament diskutiert. So forderten verschiedene Fraktionen die
europäischen Organe dazu auf, die so genannten Blasphemie-Gesetze des Landes zu überprüfen,
unter denen besonders die Christen leiden. Vom kriegsgeschüttelten Nachbarland Afghanistan
aus breite sich mit dem Einfall radikaler Talibanstämme der Hass gegen die christliche
Minderheit in Pakistan zunehmend aus, so Prälat Meyer im Gespräch mit Radio Vatikan.
Das habe zu einer breiten Diskriminierung der Christen geführt:
„Es ist
dann oft so, dass Christen die wichtigsten Menschenrechte versagt bleiben. Zum Beispiel
das Wahlrecht und die Ausübung der politischen Rechte. Auch das Thema Folter spielt
hier eine Rolle. Die Christen werden immer mehr zum Freiwild; wirtschaftliche, politische,
kulturelle Rechte werden ihnen mehr verweigert. Zur Beeinträchtigung ihrer Menschenrechte
gehört im Kern natürlich auch das Recht auf Religionsfreiheit.“
2,6 der
173 Millionen Pakistani sind Christen; das sind um die zwei Prozent. Die Diskriminierung
der Glaubensminderheit reicht von Benachteiligungen im Alltagsleben bis zu körperlichen
Strafen und der Todesstrafe. Das verschärfte Gesetz zur Gotteslästerung, das Blasphemiegesetz,
diene dabei häufig als Vorwand, um Christen willkürlich zu schikanieren und sie zu
denunzieren, beobachtet Prälat Meyer:
„Allein die Tatsache, dass sie sich
zum christlichen Gott bekennen, gilt als Blasphemie und Gotteslästerung. Hier spüren
wir, dass der Islam immer mehr zu einer Art Staatsreligion wird und dass jeder, der
eine andere Religion vertritt, sehr schnell diesen Blasphemieparagraphen zum Opfer
fallen kann. Es geht gar nicht so sehr darum, dass durch Predigten in Worten provoziert
wird, sondern dass allein durch das Lebenszeugnis der Christen unsere Schwestern und
Brüder in Gefahr geraten, unter diesen Paragraphen zu fallen.“
Aktion Hoffnung
unterstützt in Youhanabad im Bundesstaat Lahore ein technisches Jugendzentrum der
Salesianer. Im „Don Bosco Technical and Youth Centre“ erlernen muslimische und christliche
Jugendliche unter Anleitung der Patres technische Berufe. 130 Schüler leben derzeit
in dem Internat, 60 kommen täglich zur Ausbildung hinzu. Die Schülerzahl soll in absehbarer
Zeit auf 500 bis 600 erweitert werden.
„Das Jugendzentrum ist eine Art
Schule der Toleranz und des interreligiösen Dialoges. Das Prinzip ist Learning by
doing, denn wenn man ein gemeinsames Projekt hat, rückt man auch von den Ideen näher
zusammen. Es sind Berufe zum Schlosser, zum KFZ-Mechaniker, zum Kühltechniker oder
zum Schreiner. Die beste Investition in die Zukunft sind Menschen!“
Sind
solche Ausbildungszentren angesichts der schwierigen Situation nur Tropfen auf heiße
Steine? Prälat Meyer ist realistisch und hoffnungsvoll:
„Das sind so Inseln
oder Leuchttürme, die die Christen da aufbauen können. … Wir können zeigen, indem
wir junge Menschen unterstützen, dass sie zu Ausbildung, Brot und Geld kommen, trotz
allem versuchen, eine berufliche Karriere zu machen und zwar mit einem christlichen
Menschenbild im Hintergrund. Und dass sie aufgrund dieser Erfahrung, als tolerante
Menschen eine humane Gesellschaft fördern.“ Das Blasphemiegesetz trat 1986
in Kraft. Offiziell belegt es Gotteslästerung und geringschätzige Bemerkungen über
den Propheten Mohammed mit Geld- und Haftstrafen oder bestraft sie im schlimmsten
Fall mit dem Tod. Immer wieder kam es nach Einführung des Gesetzes zu Fällen von Selbstjustiz
und Lynchmorden gegen Angehörige religiöser Minderheiten. Pakistan steht auf dem Weltverfolgungsindex
des Hilfswerkes Open Doors auf Platz 16; der Index erfasst die Länder, in denen Christen
weltweit am meisten verfolgt werden. Doch auch der gemäßigte Islam gerät in dem Land
zunehmend ins Visier. So kamen beim Anschlag auf einen beliebten Sufi-Schrein in der
pakistanischen Metropole Lahore in der nacht zum Freitag mindestens vierzig Gläubige
getötet und mehr als 170 Menschen verletzt. Nach ersten Angaben fällt der Verdacht
auf radikale Islamisten, die islamische Strömungen wie etwa den traditionellen, liberalen
Sufismus als „unislamisch“ kritisieren.