2010-07-03 12:01:52

Pakistan: „Christen sind wie Freiwild“


RealAudioMP3 Christen werden in Pakistan mehr und mehr zum „Freiwild“. Davor warnt Prälat Meyer, Verantwortlicher für Weltkirche und Aufsichtsratsvorsitzender des kirchlichen Hilfswerkes „Aktion Hoffnung“ im Bistum Augsburg. Über die Verfolgung religiöser Minderheiten in Pakistan wurde zuletzt auch im EU-Parlament diskutiert. So forderten verschiedene Fraktionen die europäischen Organe dazu auf, die so genannten Blasphemie-Gesetze des Landes zu überprüfen, unter denen besonders die Christen leiden. Vom kriegsgeschüttelten Nachbarland Afghanistan aus breite sich mit dem Einfall radikaler Talibanstämme der Hass gegen die christliche Minderheit in Pakistan zunehmend aus, so Prälat Meyer im Gespräch mit Radio Vatikan. Das habe zu einer breiten Diskriminierung der Christen geführt:

„Es ist dann oft so, dass Christen die wichtigsten Menschenrechte versagt bleiben. Zum Beispiel das Wahlrecht und die Ausübung der politischen Rechte. Auch das Thema Folter spielt hier eine Rolle. Die Christen werden immer mehr zum Freiwild; wirtschaftliche, politische, kulturelle Rechte werden ihnen mehr verweigert. Zur Beeinträchtigung ihrer Menschenrechte gehört im Kern natürlich auch das Recht auf Religionsfreiheit.“

2,6 der 173 Millionen Pakistani sind Christen; das sind um die zwei Prozent. Die Diskriminierung der Glaubensminderheit reicht von Benachteiligungen im Alltagsleben bis zu körperlichen Strafen und der Todesstrafe. Das verschärfte Gesetz zur Gotteslästerung, das Blasphemiegesetz, diene dabei häufig als Vorwand, um Christen willkürlich zu schikanieren und sie zu denunzieren, beobachtet Prälat Meyer:

„Allein die Tatsache, dass sie sich zum christlichen Gott bekennen, gilt als Blasphemie und Gotteslästerung. Hier spüren wir, dass der Islam immer mehr zu einer Art Staatsreligion wird und dass jeder, der eine andere Religion vertritt, sehr schnell diesen Blasphemieparagraphen zum Opfer fallen kann. Es geht gar nicht so sehr darum, dass durch Predigten in Worten provoziert wird, sondern dass allein durch das Lebenszeugnis der Christen unsere Schwestern und Brüder in Gefahr geraten, unter diesen Paragraphen zu fallen.“

Aktion Hoffnung unterstützt in Youhanabad im Bundesstaat Lahore ein technisches Jugendzentrum der Salesianer. Im „Don Bosco Technical and Youth Centre“ erlernen muslimische und christliche Jugendliche unter Anleitung der Patres technische Berufe. 130 Schüler leben derzeit in dem Internat, 60 kommen täglich zur Ausbildung hinzu. Die Schülerzahl soll in absehbarer Zeit auf 500 bis 600 erweitert werden.

„Das Jugendzentrum ist eine Art Schule der Toleranz und des interreligiösen Dialoges. Das Prinzip ist Learning by doing, denn wenn man ein gemeinsames Projekt hat, rückt man auch von den Ideen näher zusammen. Es sind Berufe zum Schlosser, zum KFZ-Mechaniker, zum Kühltechniker oder zum Schreiner. Die beste Investition in die Zukunft sind Menschen!“

Sind solche Ausbildungszentren angesichts der schwierigen Situation nur Tropfen auf heiße Steine? Prälat Meyer ist realistisch und hoffnungsvoll:

„Das sind so Inseln oder Leuchttürme, die die Christen da aufbauen können. … Wir können zeigen, indem wir junge Menschen unterstützen, dass sie zu Ausbildung, Brot und Geld kommen, trotz allem versuchen, eine berufliche Karriere zu machen und zwar mit einem christlichen Menschenbild im Hintergrund. Und dass sie aufgrund dieser Erfahrung, als tolerante Menschen eine humane Gesellschaft fördern.“ 
Das Blasphemiegesetz trat 1986 in Kraft. Offiziell belegt es Gotteslästerung und geringschätzige Bemerkungen über den Propheten Mohammed mit Geld- und Haftstrafen oder bestraft sie im schlimmsten Fall mit dem Tod. Immer wieder kam es nach Einführung des Gesetzes zu Fällen von Selbstjustiz und Lynchmorden gegen Angehörige religiöser Minderheiten. Pakistan steht auf dem Weltverfolgungsindex des Hilfswerkes Open Doors auf Platz 16; der Index erfasst die Länder, in denen Christen weltweit am meisten verfolgt werden. Doch auch der gemäßigte Islam gerät in dem Land zunehmend ins Visier. So kamen beim Anschlag auf einen beliebten Sufi-Schrein in der pakistanischen Metropole Lahore in der nacht zum Freitag mindestens vierzig Gläubige getötet und mehr als 170 Menschen verletzt. Nach ersten Angaben fällt der Verdacht auf radikale Islamisten, die islamische Strömungen wie etwa den traditionellen, liberalen Sufismus als unislamisch kritisieren.


(rv/opendoors/faz 03.07.2010 pr)







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