Ein Kommentar zu den
staatlichen Ermittlungen gegen die belgische Kirche von unserem Redaktionsleiter Pater
Bernd Hagenkord:
Die Staatsanwaltschaft hat in Belgien Bischofsräume durchsucht,
Bischöfe festgehalten, Mobiltelefone und Computer eingezogen und – um dem ganzen eine
symbolische Macht zu geben – Gräber aufgebohrt. Weiß der Himmel, was sie da zu finden
glaubte. Gestern fiel dann von den Befürwortern der Aktion das Wort, das den Schlüssel
liefert: Es war eine Machtdemonstration. Die Staatsanwaltschaft wollte und hat Macht
ausgeübt auf die Kirche, und sie wollte, dass alle Welt das sieht. Bei mir bleiben
da eine ganze Menge Fragen zurück. Aber zunächst klingt mir ein Name in den Ohren:
Marc Dutroux. Erinnern Sie Sich noch? 1995 verhaftet wegen Versklavung und Missbrauchs
und Mordes an Kindern, unendliche Ermittlungspannen, Kinder verhungerten, weil die
Polizei das Haus nicht gründlich genug durchsucht hatte, ein bedrohter Opferanwalt,
eine Flucht des Täters, ein abgesetzter Ermittlungsrichter. Warum man jetzt ausgerechnet
dem belgischen Staat vertrauen soll, diese Fälle aufzuklären, erschließt sich mir
nicht wirklich. Ich will nicht mit dem Finger zeigen, aber gerade Belgien sollte wissen,
wie schwer es ist, mit diesen Fällen umzugehen. Papst Benedikt XVI. hat immer und
immer wieder betont, wie wichtig es ist, mit staatlichen Stellen zusammen zu arbeiten.
Aber wie soll das hier noch gehen? Warum eine Machtdemonstration? Warum Macht?
Was bringt Macht in diesem Fall? Es ist doch genau das – die Macht über andere
Menschen – was uns im Angesicht der Missbrauchsfälle zweimal nachdenken lassen sollte.
Die Opfer jedenfalls wurden wieder einmal zu etwas gezwungen, was sie vielleicht gar
nicht wollten, nämlich zum Gang zur Staatsanwaltschaft. Hier war die Macht jedenfalls
völlig fehl am Platz. Den Opfern oder der Wahrheit geholfen hat das nicht.