2010-06-28 13:46:59

D: Wulff oder Gauck? Die Kandidaten zu Kirche und Gesellschaft


RealAudioMP3 Wer wird Deutschlands nächster Bundespräsident? An diesem Mittwoch werden wir es wissen. Die beiden Spitzenkandidaten, Christian Wulff und Joachim Gauck, vertreten zwei verschiedene politische Koalitionen; es gibt aber auch Gemeinsamkeiten - beispielsweise in Sachen Religion. Beide betonen die Bedeutung der Kirchen für Deutschland. Der schwarz-gelbe Kandidat Wulff sieht sich als „Pontifex“ – also Brückenbauer.

„Ich möchte für Vertrauen werben. Ich möchte Brücken bauen zwischen Bürgern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur, um Anschlüsse zu geben, damit wir gemeinsam Lösungen finden für die großen Probleme unseres Landes. Ich möchte auch an die Verantwortung appellieren, auch Fehlverhalten einzelner – von Eliten beispielsweise – zu kritisieren, damit wir insgesamt zu einer größeren Verantwortlichkeit kommen.“

Deutschland ist auf dem Weg in eine säkularisierte Gesellschaft. Ein Drittel der Menschen gehört keiner Religion an. Dazu der von der SPD und den Grünen nominierte Gauck:

„Ich komme aus einer Gesellschaft, die sich zwar unter Schmerzen, aber doch daran gewöhnt hat, dass die Christen in der Minderheit sind. Mich erschrecken Minderheitensituationen nicht mehr. Die Kirchen in Deutschland haben eine eigentümliche Erfahrung gemacht, nämlich dass Dinge, die man sich nicht wünscht, nämlich in eine Minderheit zu geraten, uns nicht um unseren Kern, unsere Kraft, unseren Inhalt und unsere Glaubwürdigkeit gebracht haben. So dass wir vielleicht eine Erfahrung in diese sich mehr und mehr säkularisierende Gesellschaft einbringen können: Dass die Treue zu unseren Werten auch dann nicht in Frage gestellt wird, wenn wir in die Minderheit geraten.“

 
Hinzu käme noch eine weitere Herausforderung, so Gauck.
 
„Wenn man durch die Familientraditionen oder durch klassische Formen der Glaubensübermittlung nicht mehr in Mehrheiten vorstoßen kann, brauchen wir Phantasie und einen, nun ja, Glaubensmut, der nicht meint, dass die Angst der beste Ratgeber ist. Es ist wie in der Politik. Wer sich fürchtet, kann zweierlei tun. Sich ängstlich um Reste, um das Dogma versammeln – oder die alten Geschichten innovativ erzählen und einfach durch seine Beziehung zu den mit ihm Lebenden zeigen: Ich lebe aus einer Kraft, die mich bisher nicht verlassen hat. Aus ganz anderen als menschlichen Quellen. Das wird immer einladend wirken. Deshalb sind mir auch Strategien der Angst suspekt. Sie haben auch nichts mit unserem Glauben zu tun. Der christliche Glaube lebt eben von einem ungeheuren Ja, das er sogar gegen die Evidenz des Todes ausspricht. Weil es eine andere Ratio gibt, als die des Rechnens, bedarf es der Ratio des Vertrauens.“

An Christian Wulff wird sein Alter kritisiert. Er sei zu jung für dieses Amt. Dagegen wehrt sich der Niedersache.

„Für mich hätte das einen großen Reiz, wenn der zehnte Bundespräsident aus der mittleren Generation käme. Ich habe schulpflichtige Kinder. Meine Frau hat Erfahrung, auch als Alleinerziehende, bei der Vereinbarung von Beruf und Familie sowie Kind und Karriere. Damit stünde man mitten im Leben – inmitten der ganz besonderen Erfahrungen und Alltagssorgen von Bürgerinnen und Bürgern.“

(rv/kna/pm 28.06.2010 mg)







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