2010-06-19 13:35:41

Österreich: Alte Menschen sind in ihrer Sinnsuche allein


Demografischer Wandel mal anders: Wenn es sonst um den wachsenden Anteil alter Menschen am Bevölkerungsdurchschnitt geht, stehen in der Regel Themen wie Rente oder Pflegeangebote auf dem Programm – bei „Alter und Altwerden aus Sicht der Religionen“, einem Kongress an der Universität in Wien, wurde da aber der mahnende Zeigefinger geschwungen. Der demografische Wandel führe auch dazu, dass es immer mehr gesunde und hochmotivierte alte Menschen gebe. Kirche müsse sich nicht nur als Lobby zur sozialen Absicherung verstehen, sondern insbesondere auch auf spirituelle Fragen dieser Altersschicht Antworten bieten. Der Wiener Religionswissenschaftler Professor Johann Figl ist Organisator der Tagung, die an diesem Samstag zu Ende geht, und zugleich Präsident der österreichischen Gesellschaft für Religionswissenschaft:

„Die spezifische Antwort des Christentums ist eigentlich, dass man in jedem Alter in unmittelbarer Nähe zu Gott ist, und das hohe Alter ist erst in der Moderne, erst in den letzten 30-40 Jahren ein besonderes Thema geworden. Die Aufgabe der Pastoral wäre, hier auch eine Antwort zu geben, dass alte Menschen, durch ihre größere Verfügbarkeit, durch ihre größere Freizeit auch eine größere Offenheit haben, religiös angesprochen werden - insofern ist das eine größere Herausforderung, auf die die Kirche in der Gegenwart antworten müsste.“ 
Die Nähe zu Gott sei zwei in jedem Alter gegeben, aber die Beziehung zu Gott bleibe über die Lebensstationen hinweg nicht gleich:

„Ich denke, dass jedes Lebensalter einen besonderen Bezug zu Gott hat und dass sich aber auch entsprechend den einzelnen Lebensphasen dieses Verhältnis zu Gott individuell ändert. Der alte Mensch denkt in anderer Weise über Gott und das Jenseits nach als vielleicht der junge Mensch oder der Mensch, der mitten im Leben steht. Diese Aspekte zu beachten, ist auch ein Beitrag dieses Symposiums.“

Bei dem Treffen in Wien wurden Alter und Spiritualität auch in unterschiedlichen Religionen verglichen. So ging es etwa um das Altern im Buddhismus, oder es wurden Lebensstationen bei einem traditionellen afrikanischen Volk nachgezeichnet. Das Lebensalter war schon immer in den einzelnen Religionen wichtig, meint der Religionswissenschaftler Figl; gerade jetzt in Zeiten des demografischen Wandels sollten es die Kirchen aber noch mehr berücksichtigen.

„Wir haben immer mehr gesunde Alte - da stellen sich auch immer mehr neue Fragen, was ist der Sinn dieser Lebensphase, was kann ich, für das, was mir geschenkt worden ist, im Leben zurückgeben, der nächsten Generation... Hier ist eine neue Mentalität nötig. Hier ist aber auch eine neue Begleitung erforderlich: Die alten Menschen sind in ihrer Sinnsuche oft allein, weil man ja gar nicht so direkt auf sie eingeht. Das sind neue Herausforderungen aber auch neue Chancen und neue Möglichkeiten in dem Dialog mit den alten Menschen.“

(rv 19.06.2010 kk)







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