Eines der dunkelsten
Kapitel der britisch-irischen Geschichte wurde an diesem Mittwoch vorläufig beendet:
der Bloody Sunday. Es war der 30. Januar 1972 in Derry, britisch: Londonderry. Britische
Fallschirmjäger eröffneten das Feuer auf Demonstranten, die auf die unrechtmäßige
Inhaftierung von Nordiren durch die britische Polizei und Armee aufmerksam machen
wollten. Als Bloody Sunday ist dieser Tag in die Geschichte eingegangen. 13 Menschen
starben durch die Schüsse, weitere 13 wurden schwer verletzt. Ein britischer Regierungsbericht
wirft nun Licht auf das, was damals geschah. Zuerst wurden an diesem Mittwoch die
Familien der Opfer in der Guildhall von Derry über den Abschlussbericht der britischen
Regierung informiert. Sie gaben die „gute Nachricht“ an die draußen Wartenden weiter,
wurden durch Applaus begrüßt. Als nächstes trat Premierminister David Cameron in
London vor die Kameras und Mikros, um den Abschlussbericht offiziell vorzustellen.
Und er beschönigte nichts: Die Truppen seien damals Befehlen gefolgt, die niemals
hätten gegeben werden dürfen:
„Einige Soldaten haben
sich falsch verhalten. Die Regierung ist letztverantwortlich für das Verhalten der
Soldaten, und deswegen spreche ich für die Regierung und für das ganze Land mein tiefes
Bedauern aus.“
Camerons Vorgänger Tony Blair hatte 1998 die Untersuchungskommission
eingerichtet. Er war es auch, der mit dem Good-Friday-Agreement zwischen den einzelnen
konfessionell geprägten Parteien in Nordirland den oftmals blutigen Auseinandersetzungen
ein Ende bereitete. Aber erst Jahre später legte die Kommission ihren Bericht vor.
Er ist sehr klar in seinen Urteilen.
„Er befindet, dass
der erste Schuss beim Protestmarsch von der britischen Armee abgegeben wurde, er befindet
auch, dass keines der Opfer der Soldaten eine Schusswaffe trug.“
Angehörige
der Opfer zeigten sich zufrieden mit den Ergebnissen. Tony Doherty, Sohn eines Opfers:
„Ungerechtfertigt
und unverantwortlich. Auf diese Worte haben wir seit dem 30. Januar 1970 gewartet.
Den Opfern des Bloody Sunday ist nun Gerechtigkeit widerfahren, und das Fallschirmjäger-Regiment
trägt die Schuld.“
Die Schüsse waren nicht nur falsch,
sie führten zu einer Eskalation des Konfliktes, die bis dato nicht vorgekommen war.
Der massive Eingriff und die traumatischen Erlebnisse für die katholische Mehrheit
Nordirlands führten zu einer Massenrekrutierung für die IRA, die Terrororganisation
gegen die britische Herrschaft. Mitten drin in den Protesten im Januar 1972 war
damals Pater Edward Daly, der ein Jahr später zum Bischof von Derry ernannt wurde.
Er musste mit ansehen, wie neben ihm ein junger Mann erschossen wurde. Mittlerweile
ist er im Ruhestand, aber diese Erlebnisse haben sein Leben geprägt. Ganz besonders
betont er im Gespräch mit Radio Vatikan, wie wichtig es ist, dass jedes einzelne Opfer
von Verdächtigungen freigesprochen wurde und jegliche Verantwortung der Armee zugeschrieben
wurde. „Nach 38 langen Jahren fühle ich jetzt eine große Last von
meinen Schultern genommen - vor allem, dass Jacky Duddy, der Junge, bei dessen Tod
ich Zeuge war, für völlig unschuldig befunden wurde. Für mich sind die Erinnerungen
immer noch sehr klar. Es war der schlimmste Tag meines Lebens. Ich werde ihn nie vergessen.
Aber nun können wir das endlich hinter uns und hoffentlich endlich Ruhe einkehren
lassen. Wir können diese Ereignisse der Geschichte überlassen.“