2010-06-16 14:13:27

Kirgistan: „Humanitäre Katastrophe“


RealAudioMP3 An der Grenze zwischen Kirgistan und Usbekistan spielt sich ein humanitäres Drama ab. Zehntausende Menschen sind vor den ethnischen Unruhen im Süden Kirgistans auf der Flucht; jetzt hat das Nachbarland seine Grenzen geschlossen. Marianne Heuwagen, Direktorin des Deutschlandsbüros der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“, steht in Kontakt mit ihrer Mitarbeiterin Andrea Berg, die durch den abrupten Gewaltausbruch zuletzt in Kirgistan festsaß. Im Interview mit dem Kölner Domradio gibt sie die Eindrücke der Kollegin weiter, die in der umkämpften Stadt Osch weilte.



„Sie hat gesehen, wie Gangs die Geschäfte geplündert, die Menschen vertrieben, wahllos in die Menge geschossen, ihre Häuser angezündet und eine regelrechte Hetzjagd auf die usbekische Bevölkerung veranstaltet haben.“



Nach Angaben der UNO und des Roten Kreuzes sind inzwischen bis zu 80.000 Usbeken in das Nachbarland geflohen. Bis Usbekistan seine Grenzen schloss, habe man nur Frauen und Kinder über die Grenze gelassen, so Heuwagen:



„Meine Kollegin erzählte, dass die Flüchtlinge, die über die Grenze gelassen werden, dann monatelang in Lagern festgehalten werden, wenn sie nicht die Möglichkeit haben, bei Familienangehörigen unterzukommen. Offenbar hat die usbekische Regierung Angst, dass auf diese Art und Weise Islamisten sich ins Land schmuggeln. Usbekistan ist ja ein Land mit einem ganz strengen Regime und sehr strengen Einreisebestimmungen. Also, es sieht so aus, als ob sich dort an der Grenze zwischen Usbekistan und Kirgistan eine humanitäre Katastrophe abspielt.“

Dringend nötig sei nun internationale Hilfe für die Flüchtlinge, so Human Rights Watch. Auf die kirgisische Bitte um militärische Unterstützung zur Befriedung des Konfliktes ging die russische Regierung bisher nicht ein. Die Menschenrechtsorganisation fordert ein Eingreifen der Vereinten Nationen:



„Wir haben gefordert, dass UNO-mandatierte Truppen dort einmarschieren und Sicherheit wieder herstellen - und dass vor allem der Befehl der kirgisischen Regierung, scharf zu schießen, aufgehoben wird. Heute beschäftigt sich die Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit mit dem Problem; es wird sicher militärische Hilfe von außen notwendig sein, um diese desolate Lage wieder zu stabilisieren.“


Beobachtern zufolge sind die Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und Usbeken auf Machtkämpfe lokaler krimineller Gruppen zurückzuführen. In Kirgistan ist die Grenze zwischen Politik und organisierter Kriminalität in den letzten fünf Jahren zunehmend verschwommen. Vor allem im Süden des Landes, durch den Rauschgiftrouten von Afghanistan nach Europa führen, haben Kriminelle eine mächtige Position erlangt.

(rv/diverse 16.06.2010 pr)







All the contents on this site are copyrighted ©.