2010-06-15 10:25:17

Vatikan: Geierfonds zerfleischen Entwicklungsländer


RealAudioMP3 Geierfonds, im Englischen auch vulture fund genannt, das sind die schwarzen Schafe unter den Hedgefonds. Sie spekulieren mit den Schulden von Entwicklungsländern. In schärfster Form hat Erzbischof Silvano Maria Tomasi, der Ständige Beobachter des Heiligen Stuhles bei der UNO in Genf, diese Geierfonds kritisiert und sich mit mahnenden Worten an die Mitglieder des UNO-Menschenrechtsrates gewandt. In Genf geht am 16. Juni die 14. Sitzung des Rates zu Ende. Im Interview mit Radio Vatikan sagte Tomasi:

„Die Geierfonds, das sind Fonds oder Investments, die ihren Namen dem Vogel verdanken, der die Gerippe anderer Tier zerfleischt oder dann angreift, wenn ein Tier kurz davor ist zu sterben. Diese Geierfonds sind spekulative Fonds, die zu einem niedrigen Preis die Schulden von Entwicklungsländern übernehmen. Dann gehen sie zu den Schuldnern - das alles legal, wohlgemerkt - und fordern eine Rückerstattung der anfänglichen Schulden, aber nicht nur das, sie erhöhen ihre Forderung und verlangen Zinsen, so dass die Gesamtforderung die anfänglichen Schulden weit übersteigt. Wenn dann das Land nicht zahlen kann, vor allem die afrikanischen Entwicklungsländer, dann nehmen sich diese Geierfonds das Geld einfach aus dem öffentlichen Sektor oder aus Grundressourcen des Landes, wie Erdöl oder andere Rohstoffe. Damit decken sie nicht nur ihre Forderung, sondern sie machen damit enormen Profit, der ganz klar zu Lasten dieser Länder geht.“

Gängige Praxis sind diese Spekulationsgeschäfte laut Tomasi für Unternehmen aus Amerika und aus Europa, die in Afrika tätig sind - in Ländern wie Sambia, Kongo, Kamerun oder Sierra Leone.

„Diese Spekulationen gehören abgeschafft, sie machen die Länder noch ärmer, es mangelt dann an dem Notwendigsten für das Volk, und jegliches Wachstum wird zerstört. Wirtschaft hat soziale Konsequenzen, und diese müssen unbedingt berücksichtigt werden. Das muss eine Priorität sein, denn am Ende suchen wir doch nach dem Gemeinwohl: Das Wohl der Menschen muss über dem Profitmechanismus liegen.“

Und das, so betont Tomasi, auch in Zeiten der wirtschaftlichen Krise. Der Vatikanvertreter ruft die westlichen Industrienationen dazu auf, die Menschenrechte einzuhalten und einen Schuldenerlass als letzten Ausweg möglich zu machen.

„Ganz klar, dieses Prinzip, dass Schulden nachgekommen werden muss, das unterstützen wir, aber gleichzeitig stellen wir fest, dass die Bevölkerungen der betroffenen Länder auch ein Überlebensrecht haben. Die Schulden dürfen sich daher nicht zu einer Form der Unterdrückung entwickeln, die Wachstum und das Überleben verhindert. Man muss Formen finden, um verschuldeten Ländern Perspektiven zu bieten, man muss Transparenz schaffen, Korruption und einen Totalausverkauf verhindern. Nach Möglichkeit sollten reiche Länder einen Schuldenerlass ermöglichen und so den Ländern die Chance zu einem Neuanfang geben.“

(rv 15.06.2010 kk)








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