Geierfonds, im Englischen
auch vulture fund genannt, das sind die schwarzen Schafe unter den Hedgefonds. Sie
spekulieren mit den Schulden von Entwicklungsländern. In schärfster Form hat Erzbischof
Silvano Maria Tomasi, der Ständige Beobachter des Heiligen Stuhles bei der UNO in
Genf, diese Geierfonds kritisiert und sich mit mahnenden Worten an die Mitglieder
des UNO-Menschenrechtsrates gewandt. In Genf geht am 16. Juni die 14. Sitzung des
Rates zu Ende. Im Interview mit Radio Vatikan sagte Tomasi:
„Die Geierfonds,
das sind Fonds oder Investments, die ihren Namen dem Vogel verdanken, der die Gerippe
anderer Tier zerfleischt oder dann angreift, wenn ein Tier kurz davor ist zu sterben.
Diese Geierfonds sind spekulative Fonds, die zu einem niedrigen Preis die Schulden
von Entwicklungsländern übernehmen. Dann gehen sie zu den Schuldnern - das alles legal,
wohlgemerkt - und fordern eine Rückerstattung der anfänglichen Schulden, aber nicht
nur das, sie erhöhen ihre Forderung und verlangen Zinsen, so dass die Gesamtforderung
die anfänglichen Schulden weit übersteigt. Wenn dann das Land nicht zahlen kann, vor
allem die afrikanischen Entwicklungsländer, dann nehmen sich diese Geierfonds das
Geld einfach aus dem öffentlichen Sektor oder aus Grundressourcen des Landes, wie
Erdöl oder andere Rohstoffe. Damit decken sie nicht nur ihre Forderung, sondern sie
machen damit enormen Profit, der ganz klar zu Lasten dieser Länder geht.“
Gängige
Praxis sind diese Spekulationsgeschäfte laut Tomasi für Unternehmen aus Amerika und
aus Europa, die in Afrika tätig sind - in Ländern wie Sambia, Kongo, Kamerun oder
Sierra Leone.
„Diese Spekulationen gehören abgeschafft, sie machen die
Länder noch ärmer, es mangelt dann an dem Notwendigsten für das Volk, und jegliches
Wachstum wird zerstört. Wirtschaft hat soziale Konsequenzen, und diese müssen unbedingt
berücksichtigt werden. Das muss eine Priorität sein, denn am Ende suchen wir doch
nach dem Gemeinwohl: Das Wohl der Menschen muss über dem Profitmechanismus liegen.“
Und das, so betont Tomasi, auch in Zeiten der wirtschaftlichen Krise.
Der Vatikanvertreter ruft die westlichen Industrienationen dazu auf, die Menschenrechte
einzuhalten und einen Schuldenerlass als letzten Ausweg möglich zu machen.
„Ganz
klar, dieses Prinzip, dass Schulden nachgekommen werden muss, das unterstützen wir,
aber gleichzeitig stellen wir fest, dass die Bevölkerungen der betroffenen Länder
auch ein Überlebensrecht haben. Die Schulden dürfen sich daher nicht zu einer Form
der Unterdrückung entwickeln, die Wachstum und das Überleben verhindert. Man muss
Formen finden, um verschuldeten Ländern Perspektiven zu bieten, man muss Transparenz
schaffen, Korruption und einen Totalausverkauf verhindern. Nach Möglichkeit sollten
reiche Länder einen Schuldenerlass ermöglichen und so den Ländern die Chance zu einem
Neuanfang geben.“