Papst bei Vigil: „Heutige Gesellschaft sieht Zölibat als Skandal an“
Der Zölibat bleibt
ein Grundpfeiler der katholischen Kirche. Daran erinnerte Papst Benedikt XVI. zum
Abschluss des Priesterjahres. Rund 15.000 Priester aus 97 Ländern und weitere 10.000
Pilger und Gläubige nahmen am Donnerstagabend an einer Gebetswache mit dem katholischen
Kirchenoberhaupt auf dem Petersplatz teil. Die dreistündige Feier bestand aus zwei
Teilen. Im ersten Teil wurden Zeugnisse aus der Weltkirche vorgetragen. Dieser Teil
wurde von der Klerusorganisation organisiert. Um 21.30 Uhr erschien dann der Papst
auf dem Platz und betete mit den Anwesenden die Vigil.
Papst Benedikt
XVI. leitete die Gebetswache kniend. Ein großes Porträt des heiligen Pfarrer von Ars
zierte die Fassade des Petersdoms. In seiner Begrüßungsrede bedankte sich der Präfekt
der Kleruskongregation, Kardinal Claudio Hummes, beim Papst für das Priesterjahr.
Es folgte das Evangelium. Dann stellten einige Priester Fragen an den Papst. Zuvor
hatten unter anderem ein Priester aus Hollywood und ein Priester aus einem Armenviertel
von Buenos Aires von ihrer Arbeit berichtet. Zudem sprach eine deutsche Familie über
ihren Glaubensweg.
Ein slowakischer Priester sagte dem Papst, dass
er durch die vielen kritischen Stimmen verwirrt sei, ob der Zölibat überhaupt ein
Geschenk sei. Dazu antwortete der Papst.
„Gerade die Kritik gegenüber
dem Zölibat zeigt uns, dass er ein großartiges Glaubenszeichen ist. Der Zölibat ist
Sinnbild für die Präsenz Gottes in der Welt. Bitten wir dem Herrn darum, dass er uns
von den weltlichen Skandalen befreit.“
Der Zölibat gelte für die heutige
Gesellschaft, die in einer „ewigen Gegenwart“ lebe, als „großer Skandal“, weil er
über das irdische Leben hinaus weise, fügte der Papst an. Zudem gebe es einen grundsätzlichen
Unterschied zwischen dem Zölibat und dem bloßen Unverheiratetsein, das in der Gesellschaft
mittlerweile immer stärker verbreitet sei.
„Die Ehelosigkeit der
Priester bedeutet nicht einfach für sich allein zu leben und eine endgültige Bindung
abzulehnen, sondern vielmehr das Gegenteil, ein endgültiges Ja zum Dienst für Gott.
Zusammen mit der Ehe, in ihrer natürlichen Form als Bund zwischen Mann und Frau, ist
der Zölibat das Fundament unserer christlichen Kultur. Wenn diese Grundlagen verschwinden,
verschwinden dann auch die Wurzeln unserer Kultur.“
Der Papst warnte die
Priester zugleich davor, in einen „Klerikalismus“ zu verfallen. Dieser stelle auch
heute wie zu allen Zeiten „eine Versuchung“ dar. Der beste Schutz gegen diese Versuchung
sei die Eucharistie, wenn sie in ihrem ursprünglichen Sinne gelebt werde, hob Benedikt
XVI. hervor. Der Papst tadelte zudem eine einseitige Überbetonung der Vernunft in
der „akademischen Theologie“.
„Diese Arroganz der Vernunft verdunkelt
die Gegenwart Gottes in der Welt. Priester sollten hingegen sich nicht vor dem Gespenst
der Wissenschaftlichkeit fürchten und offen für Neues sein. Durch eine kritische Prüfung
sollen sie zwischen einer Mode und einer wirklichen Neuerung unterscheiden können.“
Ausdrücklich
wandte sich der Papst gegen den „Positivismus“ der 70er und 80er Jahre. Damals seien
Theorien verbreitet worden, die sehr innovativ zu sein schienen, die jedoch in der
Zwischenzeit veraltet seien und mittlerweile in einigen Fällen lächerlich erschienen.