„Philosophieren
bedeutet halt für mich, dass man denken kann.“ – „Also Philosophieren ist, wenn man
die Antwort nicht weiß, an die Antwort näher zu kommen, denn jeder hat ja eine eigene
Meinung und da weiß man halt nicht die Antwort.“ – „Philosophie ist eigentlich ein
Meinungsaustausch und deshalb gefällt mir das auch; man darf seine Meinung sagen,
ohne dass der andere sagt, nein, das stimmt nicht.“ – „Ich find es lustig, denn man
darf denken, wie man will und man darf auch sagen, was man will.“ Philosophieren,
das ist eigentlich kinderleicht. Den Schülern der Münchner Grundschule an der Hanselmannstraße
– hier aufgenommen vom Bayrischen Rundfunk – gefällt es, ihr Wissen im Philosophieunterricht
einmal in Frage zu stellen. „Die Haltung des Nicht-Wissens, der
vertieften Fragens, ist etwas, was man als Erwachsener erst einmal wieder in sich
zulassen muss. Aber wer das tut, ist innerlich erleichtert, weil er spürt: Ich muss
ja gar nicht alles wissen, ich kann darauf vertrauen, dass wenn ich mit anderen zusammen
vertieft nachdenke, ich zu einer ureigenen Erkenntnis komme.“ Das meint Roswitha
Wiesheu, Leiterin der Akademie „Kinder philosophieren“ im Bildungswerk der Bayrischen
Wirtschaft. Zum Ökumenischen Kirchentag in München hat sie sieben kleine Philosophen
in das Haus der sozialen Marktwirtschaft eingeladen. Zu einem topaktuellen Thema:
Geld und Gerechtigkeit. Mit geschlossenen Augen ertasteten die Kinder Münzen und Scheine,
dann ging’s los mit den Fragen: Woher kommt das Geld? Was ist mit denen, die keines
haben? Was kann man damit bekommen, was nicht? „Es geht
uns darum, die ursprünglichen Initiativkräfte unserer Kinder zu fördern und sie zur
Wirklichkeit zu erziehen, ihnen ein Gefühl zu geben für Eigenes und Fremdes, für Aufbauenden
und Zerstörendes. Das ist ganz wichtig, wenn man die Komplexität und Schnelligkeit
der heutigen Gesellschaft in Betracht zieht. Man muss sie letztlich vorbereiten zur
Partizipation an Demokratie als Lebens- und Gesellschaftsform.“ Philosophie nicht
als Luxus oder Wolkenflug, sondern als konkrete Stärkung der kindlichen Persönlichkeit
und als Beitrag für das familiäre und gesellschaftliche Miteinander. So versteht sich
die Münchner Akademie „Kinder philosophieren“ auch als Multiplikator, sie bildet Erzieher
und Pädagogen zu Philosophietrainern aus und weiter, geht in Schulen, will philosophisches
Know-How in den Alltag tragen. Dafür müssen vor allem die Erwachsenen erst einmal
ein Paar Schritte zurückgehen. „Für uns heißt Philosophieren erst einmal die Haltung
des Nicht-Wissens und Staunens über die Wunder der Welt und ob sie auch wahr sind.
Das andere ist die Grundhaltung des Vertrauens. Das ist übrigens die Grundhaltung
jeglicher demokratischer Lebens- und Gesellschaftsform, und zwar ein Vertrauen im
Sinne eines Zutrauens: Ich traue meinen Kindern, aber ich traue als Erwachsener auch
meinem Partner, meinem Nachbarn, den anderen Eltern zu, dass auch sie selbständig
denken können und dass sie auch selbst ein gelingendes Leben führen können.“ Die
Kinder bei dieser Suche zu begleiten, das ist die Aufgabe des Philosophietrainers.
Denn die Fragen tauchen bei den Kindern von ganz alleine auf. Zum Beispiel die nach
dem Sinn des Lebens: „Jemand hat uns erschaffen, weil er sehen wollte, wie die
Menschen sich anstellen auf der Welt, eine Probe.“ – „Ich denke, es gibt keinen Sinn,
es passiert einfach. Manche nehmen ein Auto und manche bekommen deshalb ein Kind.
Es gibt keinen Sinn des Lebens, es ist Schicksal.“ - „Ich finde, Leben bedeutet Freiheit,
der Sinn des Lebens ist Freiheit, denn eigentlich ist das einzige, was jeder macht:
Sterben.“ Eine andere Frage, die immer wieder in den Kindern auftauche, sei die
nach Gott. Wiesheu: „Das spielt eine ganz große Rolle, und zwar schon bei den kleinsten
Kindern. Wo wohnt Gott, gibt es nur einen Gott, gibt es viele Götter? Ist Gott eine
„sie“ oder ein „er“? Für kleine Kinder ist es ganz wichtig, sich gedanklich auch zu
verlieren in diesen metaphysischen Welten und zu suchen. Und dieses Bedürfnis müssen
wir ganz intensiv aufnehmen als Erwachsene!" Philosophieren – eigentlich kinderleicht.
Neugier und Vertrauen ist das Rezept. Und vielleicht noch ein guter Lehrer: „Es
liegt eigentlich in jedem Menschen, wenn ich ehrlich bin. Wir sind vielleicht nur
die Hebammen, die das den Menschen entbinden!“