Darfur – dieser Name
steht für einen der blutigsten, aber leider auch am wenigsten beachteten Dauerkonflikte
auf dem afrikanischen Kontinent. Allein im letzten Monat sind in der westlichen Region
des Sudan nach UN-Angaben 600 Menschen zu Tode gekommen, in Kämpfen zwischen Rebellen
und Regierungstruppen. Nach sieben Jahren Krieg hat man im Sultanat von Qatar die
Hoffnung auf eine friedliche Lösung im Sudan trotz allem noch nicht aufgegeben. In
Doha sind Vertreter fast aller Rebellengruppen und der Regierung zu Friedensgesprächen
zusammengekommen, als Vermittler beteiligt ist auch die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio.
Vittorio Scelzo ist Mitglied bei Sant’Egidio und schildert gegenüber Radio Vatikan
den aktuellen Stand der Vermittlungen. „Die Situation im Sudan ist
sehr komplex. Wir stehen an einem entscheidenden Punkt, und zwar vor dem Referendum
über die Unabhängigkeit des Südens des Landes, das im Januar 2011 abgehalten werden
wird. Alle Karten werden neu gemischt. Es ist ein schwieriger Moment, in dem alle
Allianzen sich ändern und in dem das Gleichgewicht der ganzen Region in Gefahr ist.
Deswegen brauchen wir ein großes Engagement der internationalen Gemeinschaft. Selbstverständlich
dürfen uns die Zusammenstöße nicht dazu verleiten, zu denken, dass es keine Lösung
durch Verhandlungen mehr geben könne.“ Auch die an den Sudan angrenzenden
Länder seien von den Entwicklungen in Darfur abhängig, so Scelzo. „Besonders
weil zwischen Darfur, Sudan, Dem Tschad und der Zentralafrikanischen Republik die
Verbindungen besonders schwach sind, aber die Bevölkerungen sich sehr stark mischen:
die Probleme des Tschad beeinflussen den Sudan und dann wieder zurück den Tschad.
Die positive Botschaft der vergangenen Monate ist, dass es eine erneute Annährung
gibt, eine Klärung der Positionen der Regierungen in Karthoum im Sudan und `Ndjamena
im Tschad. Die Ergebnisse der letzten Wochen und Tage sind der Flexibilität der internationalen
Allianzen der Beteiligten zu verdanken.“ Eine mögliche Belastung
für die Friedensgespräche könnte der internationale Haftbefehl gegen den sudanesischen
Präsidenten Omar al-Bashir sein, so der Sant’Egidio-Sprecher. Al-Bashir war vor dem
Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag des Völkermordes angeklagt worden. „Die
persönliche Situation von Präsident al-Bashir ist sicherlich nur ein Problem, das
auf dem Tisch liegt. Es werden ja auch einige Rebellenführer vor demselben Gerichtshof
verklagt. Aber das allgemeine Bild ist ein politisches, in das sich die jüngsten Wahlen
im Sudan mit ihrem Druck auf das Referendum um die Unabhängigkeit des Südens einfügen.
Das wird wirklich der entscheidende Moment in der Geschichte des Sudans sein.“ (rv
9.6.2010 ord)