Vatikan/Nahost: Glaube und Kirche in der Wiege des Christentums
Papst Benedikt hat an diesem Sonntag zum Abschluss der Messe der Kirche das sogenannte
Instrumentum Laboris für die Bischofssynode zum Nahen Osten im Oktober dieses Jahres
übergeben. Bei dem Dokument handelt es sich um einen Vorbereitungstext, der durch
die Auswertung vieler Fragebögen und Eingaben erstellt wurde. Er ist etwa 40 Seiten
lang und in Arabisch, Englisch, Französisch und Italienisch erschienen. Wir stellen
ihnen das Dokument vor:
Das Instrumentum Laboris nennt zwei Ziele der Bischofssynode.
Zum einen soll es um die Stärkung der christlichen Identität gehen, zum anderen die
Gemeinschaft zwischen den Kirchen zu stärken. Der Sekretär der Bischofssynode,
Erzbischof Nikola Eterović, erinnert im Vorwort daran, dass die Situation der Christen
im Nahen Osten ähnlich der sei, der die junge Kirche im römischen Reich gegenüberstand.
Und so ruft das Dokument dazu auf, den christlichen Glauben im Angesicht oft widriger
Umstände zu leben. Ein Problem dabei sei die Bekehrung zum Christentum bei gleichzeitiger
Abkehr vom Islam: viele Moslems sähen das als Frucht eines Proselytismus, und das
Dokument betont seine Ablehnung dieser Bekehrungsweise. Es müsse um echten Glauben
und individuelle Entscheidungen aus Berufung gehen. Als ein weiteres Problem nennt
der Text den stärker werdende islamische Fundamentalismus, der eine Gefahr für Christen,
Juden und auch Moslems sei. Ein weiterer Schwerpunkt des Instrumentum Laboris liegt
auf der Gemeinschaft der Kirchen. Es ruft die Christen dazu auf, sich nicht nur als
Mitglieder ihrer Einzelkirche, sondern als Mitglieder der einen weltweiten Kirche
zu verstehen. Dazu sollen auch gemeinsam gefeierte Sakramente gehören, etwa der Beichte
oder der Eucharistie. Zwei schmerzhafte Punkte werden in diesem Zusammenhang ebenfalls
angesprochen: die immer noch verschiedenen Ostertermine und die gemeinsame Verwaltung
der Heiligen Stätten in Jerusalem. Gemeinsamkeiten benennt das Dokument auch mit
den nichtchristlichen Religionen, der interreligiöse Dialog sei essenziell und nicht
eine Sache der Mode. Die Christen müssten, wie im Zweiten Vatikanischen Konzil vorgesehen,
Gespräche mit Judentum und dem Islam und gemeinsame Gespräche zu dritt führen. Nur
so könne man sich wirkungsvoll für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit einsetzen.
Das Christentum müsse aus den Ghettos heraus, in das sie das Minderheitendasein oftmals
hineinführe, und sich als genuinen Teil des Volkes verstehen. Zum Abschluss geht
der Text noch einmal auf die äußeren Umstände ein, unter denen das Christentum im
Nahen Osten lebt. Über Jahrzehnte habe der Israelisch-palestinensische Konflikt, die
Missachtung internationalen Rechts und der Menschenrechte und der Egoismus der Großmächte
diese Region der Welt destabilisiert, eine Spirale der Gewalt sei das Ergebnis. Viele
christliche Kirchen bluteten aus, weil Christen ihre Heimat verließen. Das Dokument
ruft sie dazu auf, in dieser Heimat Zeugnis abzulegen, aber gleichzeitig wendet es
sich auch an die weltweite Kirche, diesen Teil des Christentums nicht zu vergessen.
Die Kirche im Mittleren Osten ist nicht nur etwas für diese Region, sie betrifft die
ganze Kirche. (rv 6.6.2010 ord)