Erstes Reiseziel des
Papstes auf Zypern: die Kirche Hagia Kiriaki Chrysopolitissa – ein orthodoxes Gotteshaus,
das aber auch Anglikanern und Katholiken offen steht. Es liegt in der Nähe der Ausgrabungen
einer frühchristlichen Basilika aus dem vierten Jahrhundert. Hier, am Schauplatz der
ersten Missionsreise des heiligen Paulus, feierte Benedikt XVI. einen ökumenischen
Gottesdienst zusammen mit dem orthodoxen Erzbischof Chrysostomos II. Für diesen Papst
ist es die erste Visite in einem Land mit orthodoxer Bevölkerungsmehrheit; eine breite
Mehrheit der Zyprioten freut sich über den Besuch. Allerdings war aus der zweiten
Reihe der orthodoxen Bischöfe auch ein gewisses Grummeln zu vernehmen – ein Hinweis
darauf, dass die Ökumene eine bleibende Aufgabe ist. Genau das sprach der Papst denn
auch in seiner Rede an: „Die Einheit aller Jünger Christi ist ein Geschenk,
um das wir beim Vater bitten müssen – in der Hoffnung, dass dadurch das Zeugnis des
Evangeliums in der Welt von heute gestärkt wird. Der Herr selbst hat ja für die Heiligkeit
und Einheit seiner Jünger gebetet, ‚damit die Welt glaube‛. Vor genau hundert Jahren
ist von einer Konferenz in Edinburgh die moderne ökumenische Bewegung ausgegangen.
Heute können wir dem Herrn dafür danken, dass er uns – vor allem in den letzten Jahrzehnten
– das reiche apostolische Erbe neu entdecken ließ, das Ost und West gemeinsam haben.“ Der
Weg zur vollen kirchlichen Einheit sei „sicher nicht leicht“, räumte Benedikt ein.
Aber die Menschen unserer Zeit hungerten geradezu nach dem Glauben, „nach der Wahrheit,
die den Namen Jesus trägt“. Vielleicht könne ja die bevorstehende Nahost-Bischofssynode
auch zu einer stärkeren Zusammenarbeit der verschiedenen christlichen Kirchen in der
Region führen. Die ökumenische Feier mit dem Papst verlief bunt und herzlich. Nur
25.000 der fast 800.000 Inselbewohner sind Katholiken; das sind 3,15 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Erzbischof Chrysostomos klagte gegenüber dem Gast aus Rom über den Angriff der
Türkei; sie habe 1974 mit Waffengewalt 37% des zypriotischen Bodens erobert. Die so
genannte kultivierte Menschheit sehe tatenlos zu, wie die Türkei versuche, auf die
Dauer ganz Zypern unter seine Kontrolle zu bringen. Der Kirchenmann sprach von einer
Art „ethnischer Säuberung“, von Vertreibung der orthodoxen Christen, von der Neubesiedlung
ihres früheren Lands durch Siedler aus Anatolien. Der oberste Orthodoxe auf der Insel
wörtlich: „Unser kulturelles Erbe wurde gnadenlos geplündert, und auch unsere christlichen
Monumente werden zerstört oder auf illegalen Antiquitäten-Märkten verkauft – das ist
ein Versuch, alles Griechische und Christliche auszulöschen.“ Hier bitte er den Papst
– der in der von UNO-Soldaten bewachten Pufferzone genau auf der Grünen Grenze übernachtet
– um Hilfe. Auf dem Flug nach Zypern hatte sich der Papst auch diesmal den Fragen
von mitreisenden Journalisten gestellt. Dabei mahnte er eindringlich dazu, eine Friedenslösung
für das geteilte Zypern „in den Herzen der Menschen vorzubereiten“. Mit Blick auf
die Israel-Militäraktion vor Gaza meinte Benedikt, man dürfe auf dem Weg zum Frieden
„nie die Geduld und den Mut verlieren”. (rv 04.06.2010 sk)