Gerade rechtzeitig
vor dem Eintreffen des Papstes diesen Freitag hat der orthodoxe Erzbischof von Zypern
seine Kirche wieder auf Linie gebracht: Am Donnerstag kam es in der zyprischen Bischofssynode
zur Aussprache – das Ergebnis: Keiner der Bischöfe wird den Papstbesuch boykottieren,
beim Empfang für den Gast aus Rom am Samstag im erzbischöflichen Palais sollen alle
Mitglieder der Synode anwesend sein. Vor einigen Tagen klang das noch ganz anders:
Gabi Fröhlich berichtet über die ökumenischen Misstöne auf der Insel, die in Sachen
Ökumene eigentlich als so etwas wie eine „Insel der Seligen“ gilt....
„Wir
wollen Sie an unserer Seite, Heiligkeit! // Durch uns läd der Apostel Barnabas seinen
größeren Bruder, den Apostel Petrus, ein, zum ersten Mal sein demütiges Haus zu besuchen
– damit er es segne... Deutlicher hätte die Einladung nicht sein können: Chrysostomos
II., Oberhaupt der zyprisch-orthodoxen Kirche, sprach sie 2007 bei seinem letzten
Besuch im Vatikan aus – dem dritten nach der Beerdigung von Papst Johannes Paul II.
und der Amtseinführung von Benedikt XVI. Chrysostomos ist in Rom ein gern gesehener
Gast.
„Unsere Schritte haben uns zum Ort des Martyriums der Apostelfürsten
geführt, um Sie zu treffen, der Sie unter den Bischöfen den Ehrenprimat der ungeteilten
Christenheit inne haben. Wir wollen nach Jahrhunderten mangelnder Brüderlichkeit Brücken
der Versöhnung, der Zusammenarbeit und der Liebe schlagen.“ Mag die zyprische
Kirche mit rund 700.000 Gläubigen auch klein sein – für Rom ist sie ein wichtiger
Dialogpartner. Chrysostomos hat sich gar als Vermittler in den schwierigen Beziehungen
zwischen Moskauer Patriarchat und Vatikan angeboten. Allerdings sind nicht alle Bischöfe
Zyperns einverstanden mit seiner Linie. So meldete sich, wenige Wochen vor der Ankunft
des Papstes, Bischof Athanasios von Limassol in einem Zeitungsinterview zu Wort, mit
einer harschen Kritik an dem prominenten Besucher:
„Ich glaube, dass der
Papstbesuch frommen Christen so manche Gewissensprobleme bereiten wird. Wir können
mit allen Menschen Dialog führen, egal welchen Glaubens. Aber es eine Sache, mit jemandem
zu sprechen, und eine andere, den Papst als kanonischen Bischof zu empfangen – obwohl
er für uns Orthodoxe ein Häretiker ist, und nicht einmal ein Bischof.“ Mit
dieser harten Haltung fügt Athanasios sich in die Linie der orthodoxen Mönchsgemeinschaft
vom griechischen Berg Athos ein – der er bis zu seiner Bischofsweihe angehörte.
„Das
Papsttum ist Häresie und eine Quelle vieler weiterer Häresien, welche bis heute viel
Unruhe stiften. Der Heilige Justin Popovich hat drei schwere Sündenfälle in der Menschheitsgeschichte
ausgemacht: Den Fall des Adam, den Verrat des Judas – und den Abfall des Papstes vom
apostolischen Glauben.“
Vier weitere der insgesamt 17 zyprischen Bischöfe
schlossen sich der Kritik an und kündigten an, dem offiziellen Empfang des Papstes
fern zu bleiben. Die Reaktion von Erzbischof Chrysostomos war scharf: Ein Bischof
könne seine Privatmeinung haben, aber nicht einfach tun, was ihm gerade einfalle,
erklärte er öffentlich. Die Bischofssynode habe den Papstbesuch mit großer Mehrheit
begrüßt, und dieser Entscheidung hätten sich die einzelnen zu unterwerfen. Diesen
Donnerstag nun – einen Tag vor dem Eintreffen des Papstes – traten die Bischöfe zu
einer entscheidenden Sitzung zusammen. Und dabei, so berichtet Bischof Isaias von
Tamasus am Telefon, kam es doch noch zu einer friedlichen Klärung:
„Es hat
sich um die persönliche Meinung einzelner Bischöfe gehandelt, und nicht um die Haltung
der Synode. Die betreffenden Bischöfe haben sich auch dafür entschuldigt, dass sie
mit ihren Aussagen in den Medien der ganzen Kirche geschadet haben. Sie stellten klar,
dass sie zwar weiter zu ihren theologischen Bedenken gegenüber der Lehre der katholischen
Kirche stehen – aber dass damit keine grundsätzliche Ablehnung des Papstbesuchs gemeint
ist – das war ganz klar.“ Allerdings rumort es wegen des Papstbesuchs nicht
nur unter den Bischöfen: Auch an der Basis gibt es kritische Stimmen. Der deutsche
evangelische Auslandsseelsorger auf Zypern, Pfarrer Klaus Herold, erinnert sich noch
an einen Vorfall im vergangenen Oktober: Da war die katholisch-orthodoxe Dialogkommission
zu einer regulären Sitzung zusammengetreten - in der Paulusstadt Paphos:
„Da
haben einige Mönche protestiert und Lärm gemacht, richtig unverschämt. Und den Bischof
von Paphos, den orthodoxen, haben in den Arm gebissen. Kam Polizei, wollte sie abschleppen,
haben sich gewehrt. Die wurden bestraft, vom Erzbischof, haben Hausarrest bekommen...“ Übrigens
handelte es sich auch diesmal um Mönche vom Berg Athos, die auf einem Berggipfel bei
Larnakà das Kloster Heilig Kreuz bewohnen: eine Art Trutzburg der Tradition. Insgesamt,
so Pfarrer Herold, seien die Scharfmacher gegen die Ökumene auf Zypern jedoch eine
kleine Minderheit. So haben die Orthodoxen etwa in Paphos den anderen christlichen
Konfessionen auf der Insel das traditionsreiche Kirchlein „Agia Kyriaki Chrysopolitissa“
für Gottesdienste zur Verfügung gestellt: Die Lutheraner sind da nicht die einzigen:
„Das
sind katholische Gottesdienste drin, die Anglikaner benutzen die Kirche und die Orthodoxen
haben das Recht, die Kirche jederzeit zu betreten. Das heißt, wenn wir Gottesdienst
haben, kommen immer wieder Leute rein, gehen zur Ikonostase, verbeugen sich und verschwinden
wieder. Anfangs haben wir uns geärgert, bis wir erfahren haben, dass das ein vereinbartes
Recht ist. Dann den Schlüssel hat orthodoxe Kirche und der Opferstock gehört der orthodoxen
Kirche.“ Genau bei dieser Kirche ist die erste Station von Benedikt XVI. am
Freitag nach seiner Ankunft: Auf dem Gelände der einstigen großen Basilika mit der
hoch verehrten „Paulussäule“ soll ein ökumenisches Gebet stattfinden. Auch Bischof
Isaias von Tamasus wird dort dabei sein.
„Ich denke, dass wir uns in modernen
Zeiten den Luxus, nicht zu kooperieren und in unseren Vorurteilen zu verharren, nicht
mehr leisten können.“ Der erst 39 Jahre junge Bischof steht für jene Weltoffenheit,
für die Zypern auch ansonsten bekannt ist.
„Wir brauchen dringend eine
Allianz unter allen Christen, um den großen spirituellen und humanitären Herausforderungen
unserer Erde begegnen zu können. Und wir sehen den Besuch des Papstes als gute Gelegenheit
an, um über alle diese Probleme zu sprechen. So ist er uns in Zypern sehr willkommen.“ (rv
03.06.2010 gf)