Der Wiener Weihbischof
Helmut Krätzl ortet „ein dramatisches Ringen“ in der katholischen Kirche im Blick
auf die Frage des Sakramentenempfangs für wiederverheiratete Geschiedene. Krätzl betonte
bei einer Podiumsdiskussion in Wien im Rahmen der „Langen Nacht der Kirchen“, dass
es eine dringende Aufgabe der Kirche sei, Lösungen für diese pastorale Not zu schaffen.
Er erinnerte daran, dass Joseph Ratzinger in seiner Zeit als Dogmatikprofessor als
einer der ersten konkrete Kriterien für die Ermöglichung eines neuerlichen Sakramentenempfangs
genannt habe. Dazu zählte Ratzinger damals, dass nach der Trennung „die Dinge der
ersten Ehe soweit wie möglich gut gemacht worden sind“, so Krätzl.
Religiöser
Wunsch Ebenso müsse – so Ratzinger laut Krätzl Anfang der 1970er-Jahre – der
Tatsache einer beständigen Zweitehe Rechnung getragen werden, wenn „durch Treue zu
Partner und Kind neue Verpflichtungen entstanden sind“, ein dringender „religiöser
Wunsch“ nach Sakramentenempfang besteht und „kein öffentliches Ärgernis droht“. Nach
seiner Ernennung zum Erzbischof von München habe Ratzinger jedoch seine Position revidiert
und den Sakramentenempfang nur mehr bei sexueller Enthaltsamkeit in der Zweitehe zugestanden.
Er habe sich dabei der Meinung von Johannes Paul II. angeschlossen, der sich diesbezüglich
positionell „eingrub“, so Krätzl. Einzelfallprüfung Weihbischof
Krätzl verwies auf ein Pastoralschreiben des verstorbenen Bozener Bischofs Wilhelm
Egger. Dieser habe beim Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene eine Einzelfallprüfung,
die Gewissensentscheidung sowie die Respektierung dieser Gewissensentscheidung gefordert.
De facto geschehe genau das in vielen Pfarrgemeinden.