AI-Menschenrechtsbericht: Ein Meilenstein, viele Stolpersteine
Die Menschenrechte
in der Welt - da gibt es einen Meilenstein, aber leider immer noch viele Stolpersteine.
So lässt sich das Ergebnis des Jahresberichts 2010 von Amnesty International (AI)
beschreiben, der am Donnerstag in Berlin veröffentlicht wurde. Die Weltwirtschaftskrise
habe die Situation von Minderheiten in zahlreichen Ländern der Erde verschärft, hält
die Menschenrechtsorganisation fest. Dabei habe die Angst vor dem Abschwung auch in
vielen europäischen Ländern zu verstärkten rassistischen Tendenzen geführt. Fortschritte
habe es dagegen auf internationaler Ebene bei der Ahndung von Menschenrechtsverletzungen
gegeben. Die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Monika Lüke,
sagte dem Kölner Domradio:
„Im Jahr 2009 gab es erstmals einen internationalen
Haftbefehl gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt, den sudanesischen Präsidenten Al-Bashir
wegen Massakern und massiven Menschenrechtsverletzungen in Darfur. Und das ist doch
ein erheblicher Fortschritt, dass ganz klar die Botschaft an Folterer und Regierungen,
die Menschen einsperren, ausgeht: Ihr dürft das nicht, ihr werdet bestraft, ihr steht
nicht über den Gesetzen.“
Auch in Lateinamerika habe es im letzten
Jahr eine Reihe von Verurteilungen gegeben. So sei etwa der ehemalige Staatschef von
Peru, Alberto Fujimori, wegen Folter während der Militärdiktatur verurteilt worden.
Neben diesen positiven Ergebnissen gebe es aber noch so manchen „Stolperstein“, und
zwar auch in Ländern wie Deutschland oder den USA. In der Bundesrepublik habe es zwar
Fortschritte bei der Schulbildung für nicht Einwandererkinder ohne Papiere gegeben,
so Lüke. Diese würden nicht mehr so leicht abgeschoben. Aber:
„Die
deutschen Behörden scheinen immer noch nicht das Verbot ernst zu nehmen, dass in kein
Land der Welt abgeschoben werden darf, in dem erniedrigende, unmenschliche Behandlung
oder gar Folter droht. Wir haben da den Fall eines tunesischen Staatsangehörigen,
der nach Tunesien abgeschoben werden sollte, nur aufgrund einer mündlichen Zusage
des tunesischen Innenministers, dass ihm nichts passiere. Das wissen wir besser, und
auch die Bundesregierung könnte es besser wissen, wenn sie unsere Berichte gelesen
hätte. Hier brauchte es eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes in Düsseldorf,
um die Abschiebung zu verhindern.“
Auch in den USA gebe es Verbesserungsbedarf,
so Lüke weiter. Obwohl Präsident Barack Obama Menschenrechte wieder zum Maßstab der
nationalen Politik erklärt habe, müsse auch der amerikanische Präsident noch einige
bedenkliche Menschenrechtssituationen im eigenen Land lösen, so Lüke:
„Er
hat das Lager in Guantanamo immer noch nicht geschlossen, obwohl das bis Januar geplant
war. Und tatsächlich plant er jetzt, 50 der Männer, die dort in Guantanamo ohne Gerichtsverfahren
sitzen, einfach in ein anderes Gefängnis zu bringen und dort weiter ohne Verfahren
festzuhalten. Ein weiteres Manko: Die Geständnisse, die unter Folter erpresst wurden,
dürfen immer noch in Gerichtsverfahren benutzt werden. Erst in der vergangenen Woche
hat ein US-Berufungsgericht entschieden, dass Gefangene, die in US-Lagern in Bagram
in Afghanistan festsitzen, keinen Zugang zu Gerichten in den Vereinigten Staaten haben.“
Weitere Ergebnisse des amnesty-Berichtes beziehen sich auf die Glaubensfreiheit.
Die Ausübung des Glaubens bleibe für Angehörige aller Religionen immer noch mit erheblichen
Risiken, Folter, Haft und sogar Tod verbunden, so die traurige Bilanz. Das gelte besonders
für Staaten wie China und den Iran. In Europa hätten besonders islamische Gruppen
in diesem Punkt Misstrauen auf sich gezogen - zum Teil unter Verletzung grundlegender
Rechte, kritisiert AI. Weiter registriert die Menschenrechtsorganisation ein „Klima
der Intoleranz“ in Europa, das zur menschenunwürdigen Behandlung von Migranten beigetragen
habe.