Kurienkardinal Walter
Kasper hat das Pfingstfest in sehr ökumenischer Weise gefeiert. Der Präsident des
christlichen Einheitsrates hielt gemeinsam mit mehr als zweitausend Christen in Liverpool
in zwei Kathedralen Gottesdienst: Beginnend in der anglikanischen, mit anschließender
Prozession zur katholischen. In seiner Predigt unterstrich Kasper die Herausforderungen,
die sich der Ökumene heute stellen. „Wir können nicht Frieden und Versöhnung predigen
und gleichzeitig voneinander getrennt sein.“ Ökumene sei aber nicht billig zu
haben, sie habe ihren Preis und erfordere das Eingehen von Risiken. Großbritannien
bereitet sich zurzeit auf den Papstbesuch vor. Kasper betonte in einem Interview mit
Radio Vatikan, dass der Papst keinen Besuch nur bei den englischen Katholiken machen
wolle, sondern die gesamte Gesellschaft ansprechen wolle. Dies werde vor allem im
Hauptereignis der Reise deutlich:
„Die Seligsprechung Newmans ist ein bedeutendes
Ereignis nicht nur für die katholische Kirche, weil Newman katholisch wurde, sondern
auch, weil er einer der Hauptvertreter angelsächsischer Kultur und Theologie ist.
Es ist wichtig für beide Kirchen, zu betonen, was Newman zu sagen hat. Wichtig ist
zum Beispiel, was er über die Entwicklung der Glaubenslehre zu sagen hat, und er hat
wunderbare Gebete und Gedichte geschrieben.“ Bei seiner Ansprache in der Universität
Liverpool hat Kasper vor allem den jüdisch-christlichen Dialog hervorgehoben. Es sei
das Verbrechen der Shoah gewesen, das ein völliges Neudenken der Beziehungen gebracht
habe. Für die katholische Kirche sei das Konzilsdokument Nostra Aetate die Wegmarke,
für die Papst Johannes XXIII. Pate gestanden habe. Zuletzt habe Papst Benedikt XVI.
noch einmal klar und deutlich die Unumkehrbarkeit dieser Richtung der Beziehungen
betont. Es ging Kasper in seiner Rede auch um die tief sitzenden theologische Unterschiede
zwischen den beiden Religionen: Sie könnten nicht durch eine Art Synkretismus oder
Relativierungen überwunden werden. Außerdem gehe es nicht darum, zu proselytisieren,
also sich Gläubige gegenseitig abspenstig zu machen. Respekt für den jeweiligen Glauben
und die Andersartigkeit seien die Grundlage für den Dialog. Nach Jahrhunderten
der Entfremdung zwischen beiden Glaubensrichtungen, sei es geradezu unvermeidlich,
dass es Missverständnisse und Kontroversen gebe. Dazu gehörten die neu formulierte
Karfreitags-Fürbitte für den außerordentlichen Ritus und die Beurteilung Papst Pius
XII. während des Zweiten Weltkrieges. Das seien aber nicht die einzigen Aspekte, wie
der Präsident des Einheitsrates betont:
„Ich denke, dass wir viele Vorurteile
und Probleme überwunden haben, aber auch Wunden, die es aus der Vergangenheit immer
noch gibt. Aber ich spreche nicht nur über die Vergangenheit, sondern auch darüber,
was wir zusammen heute tun können, um unsere Gesellschaft zu verändern. Denn Juden
und Christen teilen dieselben oder zumindest ähnliche Werte. Es hat sich eine Art
Allianz zwischen religiösen Juden und Christen entwickelt, um für eine bessere Gesellschaft
zu arbeiten. Es geht um Werte, und in der augenblicklichen Krise geht es auch darum,
was für Werte es heute noch gibt, so dass wir uns um das Gemeinwohl kümmern und die
Dinge neu organisieren können.“ (rv/pm 24.5.2010 ord)