Sant´Egidio: Vom Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe
Ein Kapitalverbrechen
wie Mord, es steckt noch in dem Wort Kapital drin, das wurde früher mit der Todesstrafe
geahndet. Was bei uns Gott sei Dank abgeschafft wurde, gilt leider nicht für die ganze
Welt. Laut Amnesty International wurden im vergangenen Jahr in 57 Ländern Menschen
zu Tode verurteilt. Auf Einladung der Gemeinschaft Sant`Egidio sind in dieser Woche
Politiker, Richter und Vertreter von Menschenrechtsorganisationen aus der ganzen Welt
in Rom zusammengekommen, um über die tatsächliche Abschaffung der Todesstrafe zu debattieren.
„Vom Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe“, so war das Treffen überschrieben.
In seinem Grußwort versprach Gianfranco Fini, der Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer,
sich hinter die Forderung von Sant´Egidio zu stellen. Dieses Ziel werde vom Parlament
mit „überzeugter Unterstützung“ verfolgt. Das von Sant´Egidio organisierte Treffen
soll vor allem jene Staaten unterstützen, in denen die Todesstrafe noch nicht völlig
abgeschafft ist, das sagte der Sprecher der Gemeinschaft, Mario Marazziti, im Interview
mit Radio Vatikan: „Das ist hier eine große Arbeitsplattform. Hier
können sich die Länder, die die Todesstrafe abgeschafft haben, und die Ländern, die
ein Moratorium zur Abschaffung beschlossen haben, austauschen. Vielleicht können andere
Länder, auch diejenigen, wo Todesstrafe noch existiert, von deren Erfahrungen profitieren.
Zum Beispiel, wenn es darum geht, wie sich ein Moratorium per Gesetz verabschieden
lässt oder wie dessen Abschaffung von Statten gehen kann. Alle können hier bei Sant´Egidio
zusammenarbeiten, um dem jeweils Anderen zu helfen, den nächsten Schritt zu machen.“ Kapverden
war der erste Staat auf dem afrikanischen Kontinent, der Verbrechen nicht mehr mit
der Todesstrafe ahnden wollte. Daran erinnerte die kapverdische Justizministerin Marisa
Helena Morais in ihrem Vortrag. Sie rief die anderen afrikanischen Minister in Rom
dazu auf, sich diesem Weg zum Aufbau einer menschlicheren Gesellschaft anzuschließen.
Heute haben laut Sant´Egidio 141 Länder der Welt die Todesstrafe abgeschafft, einige
davon bisher nur „pro forma“, kritisiert die Gemeinschaft. Die Todesstrafe sei nicht
nur eine Angelegenheit des jeweiligen Staates, meint Sprecher Marazziti, sondern eine
Aufgabe für die ganze Welt.
„Es wird immer dringender, dass wir uns zu
einer Kultur des Leben bekennen und nicht zu einer Todeskultur. Die Rolle Europas
ist es, sich gegen die Todesstrafe auszusprechen, aber auch das Thema des Lebens auf
anderen Gebieten zu überdenken.“ (rv/pm 19.05.2010 kk)