2010-05-18 14:47:27

Radioakademie "Religiöse Symbole": Das Minarett


RealAudioMP3 An diesem Dienstag gibt es bei uns im Programm den dritten Teil der Radioakademie Religiöse Symbole, heute geht es um das Minarett. Gehört das Minarett auf die Moschee wie die Glocken zum Kirchturm? Warum wurde es in der Schweiz abgelehnt? Hören Sie hier einen Ausblick auf unsere Radioakademie
Im Traum sah Abd Allah ibn Zayd, ein Weggefährte des Propheten, wie jemand vom Dach der Moschee die Männer zum Gebet rief. Nachdem er dem Propheten davon erzählt hatte, erkannte Mohammed darin eine Vision Gottes. Er sagte zum ehemaligen Sklaven Bilal, der einer der ersten Konvertiten zum Islam war: „Steh auf und rufe alle zum Gebet zusammen!“ Bilal, der für seine schöne Stimme bekannt war, tat, wie ihm geheißen war. Er wurde der erste Muezzin.
Der Gebetsruf des Muezzin ist bis heute Bestandteil der Moschee. Das Minarett – von arabisch manāra, „Leuchtturm“ – entstand dagegen später, vermutlich Anfang des 9. Jahrhunderts. Zur Funktion des spitzen Türmchen gibt es verschiedene Theorien: Für manche Historiker waren die Minarette Wachtürme oder Siegessäulen, andere meinen, Vorlage sei der Kirchturm gewesen. In Malaysia, Kaschmir und Ost-Afrika waren Minarette bis zur Neuzeit nahezu unbekannt. Im 20. Jahrhundert schmolzen die verschiedenen regionalen Baustile dann zusammen: Kuppel und Minarett wurden zur Norm „islamischer“ Moscheearchitektur. Das weltweit höchste Minarett von 214 Metern entsteht derzeit in Algier, auf dem Dach einer Moschee für 40.000 Gläubige und mit Hilfe deutscher Architekten.
Der Streit um den Turm – von Minaretten und Kirchen – ist nicht neu. So rangen Spaniens Christen und Moslems im Mittelalter auch um Vorherrschaft beim Bau ihrer Gotteshäuser. Direkt nach der Eroberung von Konstantinopel im Jahr 1453 ließ Sultan Fatik Mehmet dort ein Minarett errichten, und zwar auf dem Dach der uralten Hagia Sophia-Basilika. Immer mehr schlanke, pfeilförmige Türme ragten schon bald in die Stadtsilhouette Istanbuls hinein; das neue Zentrum des „islamischen Weltreichs“ sollte auch äußerlich als solches erkennbar sein. Ein Paar hundert Jahre später sprengten serbische Truppen während des Bürgerkriegs im Kosovo mit Vorliebe Minarette. Mit ihrer Zerstörung wollten die christlich-orthodoxen Kämpfer die sichtbarsten Symbole des Islam von der Bildfläche tilgen.

(rv 18.05.2010 pr)







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