2010-05-16 12:41:21

D: Ökumenischer Kirchentag beendet


RealAudioMP3 In München ist am Sonntag der 2. Ökumenische Kirchentag zu Ende gegangen. Etwa 100.000 Menschen nahmen auf der Theresienwiese am Schlussgottesdienst teil. Die Organisatoren des Kirchentags riefen zu mehr gemeinsamem Engagement der Christen in der Gesellschaft und zu Reformen in den Kirchen auf. Dabei forderten sie in Sachen Mahlgemeinschaft der Kirchen neue Lösungen, vor allem mit Blick auf konfessionsgemischte Ehepaare.

Abschlussgottesdienst auf der Wies`n

Der katholische Kirchentags-Präsident Alois Glück sagte in dem Gottesdienst: „Wir müssen mutiger voranschreiten!“ Gerade in konfessionsverbindenden Ehen litten viele schmerzlich an der fehlenden Eucharistiegemeinschaft. „Wir brauchen hier dringend eine Lösung“, rief Glück aus. Unter Beifall betonte er zugleich: „Die Ökumene in Deutschland ist wetterfest“ – eine Anspielung auf das nasskalte Wetter auf der Wies`n.

Der evangelische Kirchentagspräsident Eckard Nagel betonte, durch das Münchener Großereignis habe die Ökumene in Deutschland ein neues Gesicht bekommen. Dazu gehöre die Tischgemeinschaft der getrennten Kirchen, wie sie am Freitagabend mit einer orthodoxen Mahlfeier praktiziert worden war. Christus fordere hier zu einem neuen, gemeinsamen Aufbruch auf. Zudem wandte er sich gegen „unrealistische Wachstumsversprechen“.

Glück sprach auch die aktuelle Lage der katholischen Kirche an und forderte einen neuen Aufbruch. Die Katholiken seien in einer schwierigen Situation zum Kirchentag gekommen. Durch die Missbrauchsfälle sei ihre Kirche „in einer schweren Vertrauenskrise“. Wörtlich erklärte Glück, der auch Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ist: „Wir leiden an unserer Kirche, wir leiden mit unserer Kirche. Aber sie ist weiter unsere Kirche.“ Er hoffe, dass diese Krise zu partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Laien, Priestern und Bischöfen führe, so Glück.

„Viel spricht für einen 3. ÖKT“

Erzbischof Robert Zollitsch rief zu Dankbarkeit auf. Sie führe zu Gott und stärke die Gemeinschaft untereinander. Mit dieser Haltung werde man zu Christen, „deren Glaube ansteckt und überzeugt“. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz sagte wörtlich: „Dieses Hoffnungszeichen braucht unser Land, braucht Europa, braucht die Welt.“ Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland kritisierte, „wir gutsituierten Christenmenschen“ träumten nicht von der Umkehrung aller Verhältnisse, sondern „allenfalls von friedlicher Veränderung“. Hungernde sollten gesättigt werden, ohne dass die Reichen dafür hungerten, so Präses Nikolaus Schneider.

Die zwei gastgebenden Bischöfe zogen eine positive Bilanz des Ökumenischen Kirchentags. Der bayerische evangelische Landesbischof Johannes Friedrich sagte, er halte Fortschritte in der Frage des gemeinsamen Abendmahls für möglich. Der Münchner katholische Erzbischof Reinhard Marx zeigte sich besonders beeindruckt von der Freude, die vom ÖKT ausgehe. Zigtausende junge und alte Christen hätten sowohl Gottesdienste gefeiert als auch kritisch diskutiert. „Das macht Hoffnung“, so Marx wörtlich. Die Frage nach einem möglichen 3. Ökumenischen Kirchentag beantworteten sie zurückhaltend positiv. Friedrich erklärte, darüber wolle man bewusst erst nach den Erfahrungen des Münchner ÖKT reden. Er persönlich denke, „dass viel für einen 3. Ökumenischen Kirchentag spricht“. Marx betonte, die Verantwortlichen setzten sich demnächst zusammen, um Bilanz zu ziehen. „Danach sehen wir weiter“, so der Erzbischof.



Augoustinos: Päpstlicher Ehrenprimat für alle Christen möglich 

Der ÖKT stand unter dem Motto „Damit ihr Hoffnung habt“. Zu gut 3.000 Veranstaltungen kamen seit Mittwoch laut Organisatoren mehr als 130.000 Dauerteilnehmer und Zehntausende Tagesgäste. Am Samstag Abend demonstrierten Tausende von Christen mit einer Menschenkette zwischen den Bischofskirchen Münchens für Mahlgemeinschaft von Katholiken und Protestanten. Dazu hatte die Bewegung „Wir sind Kirche“ aufgerufen. Am letzten Arbeitstag des ÖKT dominierten Kritik an den Banken, Forderungen nach einer gerechteren Wirtschaftsordnung und Appelle zu weiterer Entwicklungshilfe den Kirchentag.

Ausserhalb des Kirchentagsprogramms haben rund 400 Christen am Samstagabend ein „ökumenisches Abendmahl“ gefeiert. Der Gottesdienst fand in einem überfüllten Hörsaal der Technischen Universität statt. Es sei nicht möglich gewesen, für die Feier einen Kirchenraum zu bekommen, sagte der suspendierte katholische Priester Gotthold Hasenhüttl. Die Veranstalter des Kirchentags und die beteiligten Kirchen hatten vor dem Glaubenstreffen mehrfach an die Teilnehmer appelliert, von solchen Grenzüberschreitungen abzusehen. Der emeritierte Saarbrücker Theologieprofessor und der evangelische Ruhestandspfarrer Eberhard Braun aus Lenningen leiteten die Feier und standen auch gemeinsam an einem zum Altar umfunktionierten Schreibtisch. Für die Gebetstexte griffen sie auf die sogenannte Lima-Liturgie des Weltkirchenrats von 1982 zurück. Hasenhüttl hatte bereits am Rande des 1. ÖKT 2003 in Berlin einen Gottesdienst gefeiert, bei dem er ausdrücklich Nicht-Katholiken zur Kommunion einlud. Daraufhin untersagte ihm der damalige Trierer Bischof Reinhard Marx, heute Erzbischof von München, die Ausübung seines Priesteramts und entzog ihm die kirchliche Lehrerlaubnis.

Für Kontroversen sorgte die frühere evangelische Bischöfin Margot Kässmann mit der Äußerung, die Pille sei ein „Geschenk Gottes“; dem widersprach Erzbischof Zollitsch sehr entschieden. Schneider äußerte, niemand könne ernsthaft meinen, dass Gott „die Pille auf die Erde gebracht hat". Kässmann, die seine Vorgängerin an der Spitze der deutschen evangelischen Kirche war, gehe es um den verantworteten Umgang mit Sexualität.

Der griechisch-orthodoxe Metropolit Augoustinos erklärte am Samstag auf dem Kirchentag, er halte ein Ehrenamt des Papstes für alle Christen für möglich. Das Oberhaupt der katholischen Kirche könne für die Christenheit „als Erster unter Gleichen“ eine ähnliche Rolle spielen wie der Patriarch von Konstantinopel für die Orthodoxie, so Augoustinos. Dabei verwies er auf das Zeugnis der frühen Kirche. Für einen solchen „Ehrenprimat“ gibt es auch Unterstützung von einzelnen evangelischen Bischöfen.

Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann betonte, die katholische Kirche erwarte nicht, dass der Papst für die anderen Kirchen dieselbe Stellung haben müsse wie für sie selbst. Der Wandel des Papstamtes in 2.000 Jahren zeige, dass es hier „eine ganze Menge Gestaltungsmöglichkeiten“ gebe. Vor wenigen Wochen hatte sich der badische Landesbischof Ulrich Fischer für die Anerkennung eines Ehrenprimats des Papstes durch evangelische Bischöfe ausgesprochen. Ähnlich hatte sich schon in früheren Jahren der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich geäußert.



(kna/kipa/rg 16.05.2010 sk)

Unser Audio-Beitrag: Eine Kurz-Umfrage unter Teilnehmern des Kirchentags. Quelle: ZDF.







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