ÖKT: „Altes neu entdeckt“ - orthodoxe Vesper in München
Bei einer orthodoxen
Vesper auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag haben rund 20.000 Christen verschiedenster
Konfessionen gesegnetes Brot geteilt. Zu den Gästen gehörten auch Münchens Erzbischof
Reinhard Marx, der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich und der griechisch-orthodoxe
Metropolit Augoustinos von Deutschland. Der Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen
Katholiken und Kirchentagspräsident Alois Glück wertete die Feier als einen „großen
Schritt“ zur wachsenden Einheit zwischen den Kirchen.
Es war bisher der spirituelle
Höhepunkt des Kirchentags: die orthodoxe Vesper in ökumenischer Gemeinschaft am Freitagabend.
Unter freiem Himmel standen auf dem Münchner Odeonsplatz 1000 Tische, gedeckt für
10.000 Menschen unterschiedlicher Konfessionen. Doppelt so viele waren schließlich
gekommen und feierten die Tischgemeinschaft mit gesegnetem Brot, Öl, Wasser und Äpfeln.
Das sei „ein Zeichen der Änderung“, betonte einleitend der katholische Kirchentagspräsident
Alois Glück:
„Es ist ein sprechendes Zeichen unserer ökumenischen Gemeinschaft,
die wir bereits erreicht haben, und die uns niemand wieder nehmen kann. Wir sind sehr
froh, dass wir bereits so weit miteinander gekommen sind. Am Tisch der Orthodoxie
wird uns ein Zeichen geschenkt, das uns weiter begleiten wird auf unserem ökumenischen
Weg hin zur Einheit.“
Eine rumänische Nonne schlug zu Beginn das Stundenholz,
mit dem in der orthodoxen Kirche traditionell zum Gebet gerufen wird. Sechs Chöre
begleiteten den Gottesdienst mit traditionellen orthodoxen Gesängen. Die Vesper ist
der Abendgottesdienst, mit dem der liturgische Tag beginnt, erklärte der griechisch-orthodoxe
Erzpriester Constantin Miron. Sie schaffe also eine Verbindung vom Heute zum Morgen
- „damit wir Hoffnung haben“. Auf dem Odeonsplatz ginge es aber auch um die Verbindung
der Ostkirchen mit den anderen christlichen Konfessionen:
„Man sagt dem
christlichen Osten nach, dass man dort die Bilder, die Ikonen, die Symbole liebt.
Ein solches Symbol ist auch die Artoklasia, die Brotsegnung und das Brotbrechen, die
im Rahmen dieser Vesper gefeiert wird. Sie erinnert an die Agape-Feiern, die Liebesmähler
der alten Kirche. Denn die Verbindung, die wir heute Feiern heißt im Griechischen
Agape, also Liebe. Der Herr sagt: Daran soll man Euch erkennen, dass ihr Liebe untereinander
habt, dass ihr Liebe miteinander feiert. (...) Noch nicht die heilige Eucharistie,
aber die Feier unseres Miteinanderseins.“
Der Höhepunkt der Vesper war
die Segnung des Brotes durch den griechisch-orthodoxen Metropoliten Augoustinos. Anschließend
wurde es an die Tische gebracht. Es begann der gemütliche Teil der Vesper: Männer
und Frauen, Alte und Junge teilten sich Fladenbrot, Öl und Obst und kamen ins Gespräch.
Eine
konfessionsübergreifende Eucharistiefeier wird seitens der katholischen Kirche abgelehnt.
Mit der orthodoxen Vesper hat der Ökumenische Kirchentag eine realistische Möglichkeit
gefunden, die Gemeinschaft der Gläubigen zu feiern, ohne konfessionelle Traditionen
zu verletzen. Die Artoklasia– das gemeinsame Brotbrechen – erinnert an die neutestamentliche
Speisung der Fünftausend. Für den evangelischen Kirchentagspräsidenten, Eckhard Nagel,
war das Ausdruck einer Hoffnung, „die weiter reicht, als die eigenen vier Wände“:
„Jesus
Christus lädt uns ein an den Tisch. Wir werden Teil einer Gemeinschaft, die er uns
stiftet. An diesem Tisch braucht es keine Etikette, hier gibt es keine nummerierten
Plätze, jeder, jede, ist eingeladen. Ungeachtet des sozialen Status, der Konfession
oder Religion. Jesus selbst hat sich mit allen an einen Tisch gesetzt.“
Den
Schlusssegen sprach wiederum der Metropolit Augoustinos. „Wir haben nicht etwas Neues
gefunden, sondern etwas Altes wieder entdeckt“, betonte er. Das Gefühl einer ursprünglichen
Einheit aller Christen kam auf bei der orthodoxen Vesper in München. Sie war keine
gemeinsame Eucharistiefeier, aber immerhin ein Ausdruck dessen, was gemeinsam möglich
ist – so sahen es viele Besucher auf dem Odeonsplatz:
„Es ist glaube ich,
wirklich sehr klug, diese große Feier hier, anstelle der illegalen Feier.“
„Dass
so einmal Gemeinschaft möglich ist - und jetzt sind die Orthodoxen noch mit dabei,
so dass das noch intensiver ist - also ich finde das eine ganz ideale Idee. Eigentlich
schon ein ganz großer Schritt in die neue Ökumene oder ein Schritt in die nächste
Ökumene.“
„Es gibt unheimlich viel, was wir momentan zusammen machen können,
Agape, wir können beten, wir können singen. Diese Fokussierung oft auf Eucharistie,
auch auf was Nagel gesagt hat. Ich bin gespannt. Er hat gesagt, wir werden morgen
in einer anderen Welt aufwachen. Das wird sicherlich in der Art und Weise nicht sein.
Aber wir können eine ganze Menge zusammen machen und hier sitzen alle zusammen: Kopten,
Armenier, Katholiken, Protestanten. Das ist beeindruckend.“