Nahost: „Behutsame Zeichen wirken nach“ - Ein Jahr nach der Heilig Land-Reise
An diesem Freitagabend
ist Papst Benedikt aus Portugal nach Rom zurückgekehrt – heute jährt sich allerdings
der Schlusspunkt einer anderen Papstreise, nämlich der Israelreise Benedikts XVI.
im Mai 2009. Was ist geblieben von der mit viel Spannung erwarteten und von vielen
Hoffnungen begleiteten Papstreise ins Heilige Land? Hat die Visite einen Nachhall
hinterlassen oder gar Veränderungen auf dem von Schwierigkeiten gezeichneten Stückchen
Erde bewirkt? Diese Frage haben wir vor Ort gestellt und von Kimanteri Dartemius in
Bethlehem folgende Antwort erhalten:
„Er kam für einige Stunden zu uns nach
Bethlehem und hat in der Geburtskirche Messe gefeiert. Es konnten sogar Christen aus
Gaza kommen und mitfeiern. Ich glaube, das war eine wesentlich innigere Begegnung
als in Jerusalem, wo der Sicherheitsaufwand sehr groß war. Die Menschen in Bethlehem
waren fröhlich! Und auch, wenn die Botschaft des Friedens für die Welt, die der Vatikan
vertritt, nicht bis in die israelische Politik vorgedrungen sein mag, wurden die Christen
vor Ort doch durch die Anwesenheit Papst Benedikts bestärkt.“
Dartemius
gehört dem griechisch-orthodoxen Patriarchat von Jerusalem in Bethlehem an. In Jerusalem
selbst hat Papst Benedikt natürlich auch das Heilige Grab besucht. Selbstverständlich
habe ihn der Besuch des Papstes berührt, erzählt Franziskanerbruder Marcello aus Argentinien,
der den römisch-katholischen Teil der Grabeskirche hütet. Und auch bei den Menschen
habe er Spuren hinterlassen:
„Ich denke, er ist gleichzeitig als Pilger
und Hirte hierher gekommen. Das hat man gemerkt. Er hat Botschaften des Friedens gesprochen
und so die Hoffnungen der Menschen vor Ort gestärkt. Die konkreten Früchte, die der
Besuch hervor gebracht hat, wird man wohl verstärkt mit voranschreitender Zeit wahrnehmen.
Was er für den Dialog zwischen den Religionen bedeutet hat, zum Beispiel. So etwas
braucht Zeit! Aber die christliche Gemeinde, die in Israel in der Minderheit ist,
hat spürbar Auftrieb erhalten. Also gibt es diese Früchte zum Teil schon jetzt!“
Der
wohl symbolträchtigste Moment während der Israelreise Papst Benedikts war sein Besuch
der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Die Pressesprecherin von Yad Vashem, Estee
Yaari, schaut zurück auf die Visite vor einem Jahr und erklärt:
„Ich denke,
der Besuch Papst Benedikts bei uns hier in Yad Vashem war sehr bedeutsam. Schließlich
sind wir nicht nur irgendein Museum. Yad Vashem ist eine Begegnungsstätte mit den
Ereignissen des Holocaust. Was genau ist damals passiert? Wie konnte das passieren?
Diese Fragen berühren uns noch heute, sie sind überzeitlich. Und der Papst hat sie
mit seinem Besuch noch einmal unterstrichen. Das ist wichtig, da der Holocaust für
alle Menschen, woher sie auch kommen, heute noch eine große Bedeutung hat.“
Herzliche
Gesten haben der Heilig Land-Reise des Papstes gefehlt, urteilte so manche Pressestimme
im Nachhinein. Für Daniel Thiem aus Würzburg, der für ein Jahr an der benediktinischen
Dormition-Abbey Theologie studiert, steht aber fest, dass der Papst behutsam Zeichen
gesetzt hat, man müsse sie nur zu lesen wissen:
„Ich habe den Eindruck,
dass der Papstbesuch zumindest keine negativen Nachwirkungen hatte. Ein Beispiel dafür,
ist sein Besuch im Abendmahlsaal, der ja später als Moschee Verwendung gefunden hat.
Hier besteht die Regelung, dass keine Eucharistiefeier stattfinden darf. Der einzige,
der das Recht dazu hätte, wäre der Papst. Und das der Papst von diesem Recht nicht
Gebrauch gemacht hat, das war, glaube ich, ein recht guter Zug. Und das ist nur eines
von Beispielen, wo keine Anstößigkeit erregt wurde.“