Papst in Fatima: „Den Glauben nicht verlöschen lassen“
Ein unglaublicher
Jubel bricht los, als der grüne Militärhubschrauber mit dem Papst an Bord über Fatima
auftaucht. Hunderttausende von Menschen sind gekommen, viele waren tagelang zu Fuß
unterwegs; sie bereiten dem Gast aus Rom einen tollen Empfang. Unter den Teilnehmern
sind viele Mitglieder geistlicher Gemeinschaften, aber auch Einzelpilger, die mit
Proviant und Campingausrüstung gekommen sind. Im Wind flattern Fahnen aus Spanien,
Italien, Brasilien, Peru, Angola und den Kapverdischen Inseln, aber auch ein Banner
aus Bayern. Die Sicherheitsleute sind etwas nervös angesichts dieser Ausgelassenheit;
noch wenige Minuten vor dem Eintreffen des Papstes lassen sie die Erscheinungskapelle
noch einmal von einer Hundestaffel durchsuchen. Diese Erscheinungskapelle ist das
erste Ziel Benedikts: Hier stand die Steineiche, unter der 1917 Maria drei Kindern
erschien.
Erinnerung an Johannes Paul II. Benedikt betet
vor der Statue Unserer Lieben Frau von Fatima: „Maria, unsere Herrin und Mutter, hier
bin ich - ein Sohn, der seine Mutter besucht... Als Nachfolger Petri bringe ich zu
deinem Unbefleckten Herzen die Freuden und Hoffnungen, die Schwierigkeiten und Leiden
eines jeden deiner Kinder.“ Ausdrücklich erinnert er dann an seinen Vorgänger Johannes
Paul II., der sein Überleben beim Attentat von 1981 der Gottesmutter zuschrieb. „Johannes
Paul II. ist dreimal hierher zu dir nach Fatima gekommen und hat der „unsichtbaren
Hand“ gedankt, die ihn vor fast dreißig Jahren beim Attentat am 13. Mai auf dem Petersplatz
vor dem Tod gerettet hat. Er hat dem Heiligtum von Fatima eine Kugel geschenkt, die
ihn schwer verletzt hatte und die in deine Krone der Königin des Friedens eingesetzt
wurde. Wie tröstlich ist es zu wissen, daß du nicht nur eine Krone aus dem Gold und
Silber unserer Freuden und Hoffnungen trägst, sondern auch aus den „Kugeln“ unserer
Sorgen und Leiden.“
Benedikt lässt der Madonna von Fatima eine Goldene Rose
überreichen – diese Ehrung aus den Händen eines Papstes ist schon seit 11. Jahrhundert
bezeugt. Als der Papst die Menge segnen will, schlagen die Glocken von Fatima ein
Pilgerlied an.
Vesper mit Priestern Nächster Punkt im Papstprogramm:
eine Vesper mit Priestern, Ordensleuten, gottgeweihten Menschen und Seminaristen.
Ihr Ort ist die neue Dreifaltigkeitskirche, ein riesiger Bau ungefähr in der Form
eines UFOs, in den Farben Weiß und Gold. Der Grundstein kommt vom Petrusgrab in Rom,
eingeweiht wurde die Kirche vor zweieinhalb Jahren von Kardinal Tarcisio Bertone.
Der Vespergottesdienst mit dem Papst schreibt sich in das „Jahr der Priester“ ein,
das noch bis Ende Juni andauert. In einem Weihegebet vertraut Benedikt XVI. alle Priester
dem Unbefleckten Herzen Mariens an. „Mutter der Kirche, wir Priester wollen Hirten
sein, die nicht sich selbst weiden... Deine Gegenwart lasse die Wüste unserer Einsamkeit
neu erblühen ... und bringe nach dem Sturm die Ruhe zurück...“
„Erlaubt
mir, euch mein Herz zu öffnen und euch zu sagen, daß die Hauptsorge jedes Christen
und besonders der gottgeweihten Menschen und jener, die am Altar ihren Dienst tun,
die Treue zur eigenen Berufung sein muss... Seid besonders achtsam, wenn die priesterlichen
Ideale manchmal an Kraft verlieren oder wenn jemand Beschäftigungen nachgeht, die
nicht ganz mit dem übereinstimmen, was einen Diener Jesu Christi eigentlich ausmacht.
Dann ist es Zeit, zusammen mit der mitbrüderlichen Herzlichkeit auch die klare Haltung
desjenigen einzunehmen, der seinem Bruder helfen will, „nicht zu fallen“.“
Rosenkranzgebet und Lichterprozession Nacht über Fatima – es
ist 21.30 Uhr Ortszeit, als Benedikt nach dem Abendessen wieder auf der Esplanade
eintrifft: zur Lichterprozession. Der Papst betet, einen Pilgerrosenkranz in Händen,
auf Latein die glorreichen Geheimnisse vor, die Menschen antworten ihm – eine gute
Idee der Organisatoren – in ihren jeweiligen Landessprachen. Etwa 100.000 Gläubige
sind hier, die meisten mit Kerzen in Händen. Ein malerisches Bild – „gleichsam ein
Lichtermeer rund um diese einfache Kapelle“, sagt der Papst. Und mit großem Ernst
sagt er Sätze, wie sie auch in seinem Brandbrief an Bischöfe vom letzten Jahr standen,
unmittelbar nach der Krise um die Piusbrüder: „In unserer Zeit droht der Glaube
an vielen Orten der Erde wie eine Flamme zu verlöschen, die nicht mehr genährt wird.
Da ist es wichtiger als alles andere, daß Gott in dieser Welt gegenwärtig wird und
daß den Menschen der Zugang zu Gott eröffnet wird; nicht zu irgendeinem Gott, sondern
zum Gott, der am Sinai gesprochen hat, zu dem Gott, dessen Angesicht wir in der Liebe
erkennen, die im gekreuzigten und auferstanden Christus bis zum Äußersten gegangen
ist (vgl. Joh 13,1). Liebe Brüder und Schwestern, ... habt keine Angst, von Gott zu
sprechen und ohne Scheu die Zeichen des Glaubens zu zeigen!“ (rv 13.05.2010
sk)