2010-05-10 11:58:43

D: „Kirche will ihre Hausaufgaben machen“, sagt Erzbischof Marx


RealAudioMP3 Am Mittwoch startet in München der Zweite Ökumenische Kirchentag – eine Chance für die Ökumene und auch für die katholische Kirche, aus einem Tal herauszukommen. Gastgebender Erzbischof ist auf katholischer Seite Reinhard Marx von München-Freising. Er betonte am Sonntag, dass an dem ökumenischen Großereignis zum ersten Mal „in dieser Intensität die Orthodoxen teilnehmen“.

„Und ich hoffe, dass die Menschen, die nach Hause gehen, nach dem ökumenischen Kirchentag sagen: Es hat uns noch mal Rückenwind gegeben für unseren Glauben, für unsere Hoffnung, die wir leben wollen im Alltag.“

Erzbischof Marx hofft, dass es angesichts der immer noch fehlenden Abendmahlsgemeinschaft zwischen Katholiken und den Kirchen der Reformation nicht zu Provokationen kommt.

„Das wird man nie genau kontrollieren können. Wir leben ja nicht hier in einer Diktatur, wo man das befehlen kann. Aber im Rahmen des ökumenischen Kirchentages haben wir sehr, sehr verlässliche, gute Absprachen. Das ist sozusagen das Fundament der Ökumene. Sonst ist Ökumene gar nicht möglich, wenn man nicht das Selbstverständnis des anderen achtet…“

Der Erzbischof von München und Freising sieht im Gespräch mit dem Deutschlandfunk immer noch deutliche Differenzen zwischen den Kirchen, etwa, was das Ziel der Ökumene betrifft:

„Im evangelischen Bereich hat sich jetzt stärker die Vorstellung einer Anerkennung der verschiedenen Kirchen als Kirchen durchgesetzt - und dann ist es eigentlich auch gut. Und da sagen wir von der katholischen und auch von der orthodoxen Seite: Das ist uns nicht ausreichend genug. Wir wollen wirklich eine sichtbare Einheit, wo man nicht nur äußerlich sich anerkennt und sagt, Ihr glaubt das, wir glauben jenes - das wollen wir da mal so stehen lassen -, sondern wir wollen tiefer gehen.“

Zu ökumenischem Katzenjammer sei aber kein Grund: Auch Papst Benedikt stehe ohne Wenn und Aber zum Dialog mit allen Teilen der Christenheit.

„Es ist ja nicht so, als sei gar nichts erreicht worden. Wenn man die letzten 50 Jahre anschaut, ist eben sehr, sehr viel erreicht worden, wahrscheinlich manches, was sich die Menschen vor 50 Jahren gar nicht haben vorstellen können. Und das, meine ich, muss auch weitergehen!“

Überschattet wird der ÖKT von den Missbrauchs-Skandalen, die vor allem die katholische Kirche heimsuchen. Marx lobt in dieser Hinsicht den deutschen Runden Tisch zum Thema Missbrauch und beteuert:

„Wir als katholische Kirche wollen unsere Hausaufgaben erledigen. Das geht nicht in wenigen Tagen, aber es ist ein wichtiger Auftrag und wir müssen Schritt für Schritt den Menschen vermitteln, dass wir alles in unserer Kraft Stehende tun und so Vertrauen wieder gewinnen.“

Dem Erzbischof wird unwohl, wenn im Schwange der Missbrauchsdebatte auch eine Diskussion über den Pflichtzölibat losgeht.

„Ich würde es nicht gerne mit dem Thema Missbrauch verknüpfen. Das ist, glaube ich, noch mal eine andere Frage. Man kann, glaube ich, hier nicht einfach experimentieren, sondern man muss erst einmal wieder neu entdecken. Das ist meine Perspektive, den Zölibat auch positiv zu beschreiben. Das ist leider im Augenblick nicht der Fall. Das weiß ich, da mache ich mir keine Illusionen. In einer solchen Phase noch weiter zu suggerieren oder das Vorurteil noch zu nähren, das ist ja irgendwie eine defiziente Lebensform oder bringt Leute hinein, die nicht ganz richtig sind - das fällt mir schwer.“

Er sei da „auch ein Praktiker“, so Erzbischof Marx – er finde, der Zölibat müsse „auch mehr lebensmäßig eingebunden sein“.

„Das fehlte uns, glaube ich eigentlich, dass wir sehen, der Zölibat, die Ehelosigkeit des Priesters ist keine Einsamkeit, ist kein Junggesellendasein, sondern soll sich ja auch einfügen in ein Beziehungsgeflecht der Priester untereinander. Da sehe ich schon manche Defizite.“

Der Zölibat sei „nicht nur lebbar“, sondern auch „ein wichtiges Zeichen in der Kirche“. Doch das sei „im Augenblick“ schwer zu vermitteln. Bevor man etwa jetzt die Priesterweihe von bewährten Männern – den so genannten „viri probati“ einführe, müsse man also den Sinn des Zölibats „noch einmal intensiver bereden“.

„Denn in einer Zeit, in der das im Grunde fast nur in der Kritik ist, da sieht dann ein Experiment … einfach aus als Anfang einer Abschaffung. Und da muss man, glaube ich, schon überlegen. Man kann ein Experiment dieser Art nicht einfach wieder zurückfahren. Das muss man einfach realistisch sehen. Das geht nicht. So naiv bin ich nicht. Das muss man schon gut überlegen.“

(dlf 10.05.2010 sk)








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