2010-05-09 10:44:32

Wocheninterview: „Markt beherrscht Politik“


RealAudioMP3 Die Griechenland-Hilfe ist in Deutschland unter Dach und Fach. Der Nürnberger Jesuit und Soziologe P. Jörg Alt warnt nun, nach der Ablehnung einer Finanztransaktionssteuer im Zuge der Griechenland-Hilfe die Politik davor, die Märkte weiter gewähren zu lassen. Ansonsten diskutiere Deutschland „bald über Finanzhilfen für Portugal und Spanien“, so der Jesuit in Nürnberg. Er ist einer der Mitinitiatoren der Kampagne „Steuer gegen Armut“. Der Vorschlag einer Steuer auf Transaktionen an den Börsen bleibe aktuell. Mario Galgano hat ihn gefragt, was er vom Verfahren der deutschen Bundesregierung in Sachen Finanzhilfe an Griechenland halte.

„Die derzeitige Situation ist eine, wo die Politik von den Märkten getrieben wird und keine, wo die Politik gestalterisch tätig ist. Von daher begrüße ich den Versuch der Opposition, in dieser Situation nicht nur Griechenland zu helfen, sondern gleichzeitig Festlegungen zu finden, wie die Märkte an Kosten beteiligt werden bzw. wie Spekulation ein Riegel vorgeschoben werden kann.“ 

Wer sind die Verlierer bzw. die Gewinner in der gegenwärtigen Situation?



„Verlierer sind die Griechen, die dem Druck der Märkte nicht standhalten konnten. Verlierer sind die europäischen Steuerzahler, die wieder mal die Rechnung begleichen müssen. Verlierer sind die europäischen Staaten, die sich noch höher verschulden mussten und gegen deren Verschuldung nun noch besser spekuliert werden kann. Siehe die Absicht von Moodys, Portugal noch weiter herunterzustufen. Gewinner sind all jene, die mit spekulativen Aktionen gegen den Euro Gewinne einstreichen und behalten konnten.“ 

Was würden Sie der Bundesregierung empfehlen?



„Die Politik muss den Primat über die Märkte haben und sozialschädliches Verhalten wie etwa der Handel mit bestimmten Produkten, z.B. Leerverkäufen oder kurzfristige Spekulation wie computergestütztes Day Trading verboten werden, welches der realen Wirtschaft nichts nützt sondern nur den Spekulanten. FTS verteuert kurzfristige Spekulation. Man muss nicht auf alle warten, man kann es auch EU- oder Euro-weit machen. Technische Voraussetzungen sind da. Es fehlt nur politischer Wille.“ 

(rv 09.05.2010 mg)







All the contents on this site are copyrighted ©.