Vatikan: „Die jüdisch-christliche Aussöhnung durch das Vatikanum ist unwiderruflich“
Für seinen Einsatz im christlich-jüdischen Dialog hat das Amerikanisch Jüdische Komitee
(AJC) Kurienkardinal Walter Kasper mit dem Isaiah Award ausgezeichnet. Er sei dankbar,
dass er als Deutscher und als katholischer Theologe diese Auszeichnung des AJC erhalte,
betonte Kasper in seiner Ansprache, die der Vatikan an diesem Donnerstag veröffentlichte.
In seiner Dankesrede bekräftigte er die Unwiderruflichkeit der jüdisch-christlichen
Aussöhnung durch das Zweite Vatikanische Konzil. Seine Auszeichnung hat Kasper bereits
bei der Jahresversammlung des AJC vergangenen Freitag in Washington erhalten. Er habe
zunächst gezögert, als Papst Johannes Paul II. ihm die Verantwortung für den jüdisch-christlichen
Dialog übertragen habe, erinnerte Kasper. Sehr bald habe er aber festgestellt, dass
er statt misstrauischer Partner Freunde und eine ihn erfüllende Aufgabe gefunden habe.
„Im Rückblick auf die mehr als zehn Jahre bin ich zutiefst dankbar, dass ich zur Verbesserung
der Beziehungen zwischen unseren beiden Gemeinschaften und zum Heilungsprozess der
tiefen Wunden der Vergangenheit beitragen konnte“, sagte Kasper, der bei Kriegsende
zwölf Jahre alt war. In den vergangenen Jahren habe es freilich auch Konflikte gegeben,
räumte Kasper ein: etwa um die Karfreitagsfürbitte, um die Haltung von Pius XII. im
Zweiten Weltkrieg oder die Rücknahme der Exkommunikation für einen Holocaustleugner.
Diese Probleme blieben zum Teil seinem Nachfolger erhalten. Jedoch seien die bilateralen
Beziehungen in diesen Jahren so belastbar geworden, dass diese Probleme sie nicht
zerstörten. Sehr bedauere er jedoch, dass der interreligiöse Kontakt nicht mehr zum
Friedensprozess im Nahen Osten beisteuern konnte, sagte Kasper. Nach der schwierigen
und komplexen Vergangenheit und den dunklen Wolken von Antijudaismus und Antisemitismus
habe das Konzil mit seiner Erklärung „Nostra aetate“ von 1965 einen grundlegenden
Umbruch eingeleitet, hob Kasper hervor. Man treffe sich heute in interreligiösen Konferenzen,
Symposien und Workshops, ein Netzwerk von Freundschaften sei entstanden. Zudem gebe
es eine Zusammenarbeit und konkrete Initiativen für gemeinsame Werte, für Frieden,
Gerechtigkeit, Erziehung. „Ich kann versichern, dass die katholische Kirche keinen
Schritt zurück hinter ’Nostra aetate’ und dessen Aussagen zu Antisemitismus und zu
unserem gemeinsamen Erbe geht“. Die katholische Kirche wolle weiterhin den gegenseitigen
Respekt fördern, sie wolle Freundschaft und Zusammenarbeit mit dem jüdischen Volk.
„Das neue Profil der jüdisch-christlichen Beziehungen kann ein Zeichen sein, dass
auch nach unserer schwierigen und schmerzvollen Geschichte Versöhnung, Hoffnung und
Neubeginn möglich sind.“ Kasper dürfte noch in diesem Jahr in Pension gehen.