Im Süden des Landes befürchten Kirchenvertreter nach der gestrigen Bekanntgabe der
Wahlergebnisse eine Welle der Gewalt. In einem Schreiben an das weltweite katholische
Hilfswerk „Kirche in Not“ warnte der Bischof der südsudanesischen Diözese Tombura-Yambio,
Edward Hiiboro Kussala, sogar vor einem „Völkermord“. Grund für die drohende Gewalt
seien nach Angaben Kussalas Unstimmigkeiten beim Ablauf der Wahlen, die bei vielen
Bevölkerungsgruppen das Gefühl geweckt hätten, übervorteilt worden zu sein. Die Verzögerung
der Bekanntgabe des Wahlergebnisses und fehlende Transparenz bei der Auszählung habe
diese Ängste in der Bevölkerung noch weiter geschürt. Bischof Kussala schrieb, er
habe seit dem Beginn der Wahlen am 11. April beobachtet, dass „tief verwurzelte Feindschaften“
zwischen den Ethnien im Südsudan nicht wie erhofft auf eine „konstruktive und politische
Art“ gelöst werden konnten. Er befürchtet nun, dass sich die Streitigkeiten deshalb
erneut in Gewalt entladen und rief seine Landsleute zur Besonnenheit auf. Vor allem
mit Blick auf die Volksabstimmung über die Unabhängigkeit des Südsudan im kommenden
Januar kritisierte Bischof Kussala, dass wichtige Fragen der Wähler noch nicht ausreichend
von den politischen Parteien thematisiert worden seien. Ungeklärte Fragen in Bezug
auf die Unabhängigkeit seien zum Beispiel die Grenzziehung zwischen dem zukünftigen
Nord- und Südsudan sowie die Aufteilung der reichen Erdölerträge zwischen beiden Regionen
und die Regelung der Wirtschaftsbeziehungen. Der Bischof rief wegen all dieser ungelösten
Fragen zum Dialog auf und betonte, dass die Wahlen trotz aller Unstimmigkeiten in
Anbetracht der schwierigen Verhältnisse im Südsudan „recht gut“ umgesetzt worden seien.