Als „ausweglos“ bezeichnet
der deutsche Pfarrer Clemens Fabry die aktuelle Lage in Thailands Hauptstadt Bangkok.
Seit sechs Wochen halten dort Gegner der thailändischen Regierung Teile der Innenstadt
besetzt. Bisher kam ein Mensch ums Leben, mehr als 80 wurden verletzt. Bei einem Granatenanschlag
auf das Haus des früheren Regierungschefs Banharn Silpa-Aercha gab es am Sonntag weitere
Verletzte. Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva hatte am Samstag den Kompromiss der
Opposition zurückgewiesen, innerhalb von 30 Tagen das Parlament aufzulösen und Neuwahlen
auszuschreiben. Die Anhänger des gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra
hatten ursprünglich sofortige Neuwahlen gefordert. Die Opposition werfe der Regierung
Wahlbetrug vor, so der deutsche Pfarrer Fabry im Gespräch mit uns. Der Seelsorger
betreute zehn Jahre lang die deutschsprachige Gemeinde in Bangkok und ist zurzeit
vor Ort. „Die Opposition behauptet immer, dass die Regierung nicht
ordnungsgemäß an die Macht gekommen ist. Genauso ist es ja vor zwei Jahren gewesen,
als der Flughafen gesperrt war. Da haben die die Gelbhemden, dass der Premierminister
nicht ordnungsgemäß ins Amt gekommen ist. das heißt, es ist ein ständiges Kritisieren:
Wer in der Opposition ist, sagt: DIe Regierung ist nicht rechtmäßig ins Amt gekommen." Fabry
sieht die politische Zukunft des Landes ernsthaft gefährdet. Selbst friedliche Neuwahlen
könnten den Vorwurf der Korruption nicht aus der Welt räumen, vermutet der Seelsorger.
Stimmenkauf sei in Thailand nämlich gängige Praxis. „Ich habe es
nie gesehen, aber nach den Informationen, die man unter der Hand bekommt, scheint
es so zu sein...“ Die Oppositionellen rekrutierten die arme Landbevölkerung
für die Blockade. Finanziert werde das Ganze, so der Pfarrer unter Berufung auf lokale
Quellen, durch den früheren Premierminister Thaksin Shinawatra. Der aktuelle Konflikt
sei ein Konflikt zwischen Arm und Reich. Der Pfarrer: „Ich denke,
man kann die momentanen Machthaber als die Vertreter der Oberschicht Thailands ansehen,
während die Anhänger der Rothemden und auch Thaksin sich zu der Unterschicht und der
Landbevölkerung zählen lassen. Dort verläuft der Riss in der thailändischen Bevölkerung." Nach
der Ablehnung ihres Kompromissvorschlags durch die Regierung hat die Opposition ihre
Proteste unterdessen ausgeweitet. Nach Angaben der Behörden errichteten die Rothemden
hunderte Kilometer nördlich von Bangkok Straßensperren. Um die Blockade in der Innenstadt
aufzulösen, kündigte die Armee an, die Demonstranten gewaltsam aus dem von ihnen besetzten
Einkaufsviertel in Bangkok zu vertreiben. Das politische Tauziehen in der Hauptstadt
droht sich nun auch auf das Wirtschaftsleben und den Tourismus auszuwirken. Die Rede
sei von täglichen Milliardenverlusten, weil Reiseströme ausblieben und Geschäftszonen
der Innenstadt vollständig blockiert seien, so der Pfarrer. Die Sicherheitslage sei
allerdings nicht so schlimm wie offiziell dargestellt, denn außer der Innenstadt sei
es in der Stadt weitgehend ruhig. Auswirkungen auf das städtische Glaubensleben habe
er bisher nicht feststellen können, so Fabry, der in zehn Jahren Seelsorgearbeit mühsam
Kontakte zwischen deutschstämmigen und thailändischen Christen aufgebaut hat. In Thailand
gibt es nur knapp ein Prozent Christen, 95 Prozent sind Buddhisten und fünf Prozent
Muslime.