2010-04-23 12:21:03

„Caro Hans”: Vatikan-Brief an Hans Küng


RealAudioMP3 „Lieber Hans“ – so beginnt ein ungewöhnlicher Brief, den die Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ an diesem Freitag auf der Titelseite abdruckt. Der Brief richtet sich an den kritischen Schweizer Theologen Hans Küng – und stammt aus der Feder von dessen erstem Verleger in Italien, Pier Giordano Cabra. Dieser kritisiert einen Aufsatz Küngs zum fünften Amtsjubiläum von Papst Benedikt.
Cabra findet, dass der in Tübingen lehrende Küng „zu sehr, wenn nicht gar ausschließlich nach strukturellen Reformen ruft“. Er vermisse einen „Hinweis auf den Skandal des Kreuzes, der bleibt, auch wenn alle anderen Skandale wegfallen“; einen „Hinweis auf die Ernsthaftigkeit der Nachfolge Christi, die immer skandalöse Züge hat“; auf „die Liebe Gottes, die man häufig gegen den Strom leben und verbreiten muss“; und nicht zuletzt einen Hinweis „auf die Notwendigkeit von Buße und Demut“. Denn „das Problem des christlichen Zeugnisses“ könne doch wohl nicht „durch kirchliche Ingenieursarbeit gelöst“ werden, so der Verleger.
Er vermisse bei Küng auch eine faire Einschätzung des Papstes, „der die Erneuerung der Herzen im Geist des Evangeliums will und danach erst die Erneuerung der Strukturen“. Hans Küng vernachlässige den „Primat der Liebe“, wie er im ersten Korintherbrief besungen werde. Was fehle in Küngs Text, das seien „Großherzigkeit und Wohlwollen“, „Anerkennung für die Leistung anderer“. Cabra wörtlich: „Wenn dein Brief etwas mehr vom Lob auf die Liebe inspiriert gewesen wäre, hätte dies vielleicht zu einem evangeliumsgemäßeren Glückwunsch an einen früheren Kollegen geführt.“ Außerdem wäre Küngs Beitrag unter dieser Voraussetzung auch für die Kirche fruchtbringender gewesen, die sich gegenwärtig in einer schwierigen Situation befinde. Der italienische Verleger stimmt Küng jedoch zu, dass in der Kirche gegenwärtig Reformbedarf bestehe.
Auffallend an dem Schreiben ist der milde, ja heitere Ton: „Ich schätze deine imponierende Arbeit weiterhin“, schreibt Cabra. Da ist Küng, der ja selbst auch mit scharfen Worten und Forderungen nicht geizt, durchaus auch andere Töne aus dem Vatikan gewöhnt.

(or 23.04.2010 sk)







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