Aus der öffentlichen
Diskussion um die Missbrauchsskandale in der Kirche wurde in den vergangenen Wochen
schnell auch eine Debatte über den Zölibat. Der Kapuziner Bruder Paulus Terwitte plädiert
im Gespräch mit dem Kölner Domradio dafür, die beiden Sachverhalte zu trennen und
hinsichtlich Priesteramt und Priesterausbildung eher die bestehende Gesprächskultur
zu überdenken:
„Es müsste viel deutlicher wieder das brüderliche, priesterliche
Gespräch installiert werden und auch die Priesterkonferenzen gehören reformiert. Das
Zweite ist: ich halte es auch nicht für richtig, die Priesteramtskandidaten zunächst
ins Priesterseminar aufzunehmen und dort in einer Art Männerwohngruppe zu haben. Ich
bin sehr dafür, dass die Priesteramtskandidaten zu zweit, zu dritt bei einem Art Lehrpfarrer
leben, dort in die Lehre gehen und ihr Theologiestudium mit der Praxis verbinden,
mit dem Gespräch mit Laien. Damit sie von Anfang an wissen: Dies ist die Praxis. Und
Dinge, wie die Begegnung mit Frauen und Männern ganz normal leben. Ich glaube, dass
wir in dieser Weise etwas gegen das Unnatürliche, das manche bei der jetzigen Priesterausbildung
spüren, aufbrechen können.“
Auch die Auswahl der Priesteramtskandidaten,
so Bruder Paulus, müsse überarbeitet werden. Denn deren Selektion dürfe nicht allein
Bischof und Regens überlassen bleiben:
„Ich bin dafür, dass Gemeinden gefragt
werden, aus denen diese Männer kommen und in denen sie, wie ich schon vorgeschlagen
habe, ausgebildet werden; ich bin dafür, dass man in Pfarrgemeinderäten und in geistlichen
Gebetgruppen fragt, ob der betreffende Mann wirklich der von Gott für die Kirche geschenkte
ist, der als Priester in einer Gemeinde Dienst tun soll. Und ich finde, wenn da Laien
und Priester gemeinsam an diesem Charismenauswahlprozess teilnehmen, können wir eigentlich
glücklich sein, dass dann auch Priester herauskommen, die aus der Kommunikation der
Kirche heraus zu kommunikativen Menschen werden.“
Die
Ehelosigkeit als Vorraussetzung für das Priesteramt sei, wie jede Regel, auf ihre
Begründung im Auftrag Jesu hin zu überprüfen – und bestehe diese Prüfung, betont der
Kapuzinerpater. Seiner Meinung nach setzt der Zölibat ein religiöses Zeichen, das
der Kirche selbst und ihren Amtsträgern entspreche: „Bischof und
Priester leben ehelos in der Kirche, weil die Kirche sagt: Unser Gegenüber ist Jesus
Christus, dessen Wiederkunft wir erwarten. So lange er noch nicht wieder ganz gekommen
ist, wollen wir auf ihn hinschmachten, und die Bischöfe und Priester gehen dabei dem
Volk Gottes voraus. Und dieses Dialogische, dass die Kirche nicht nur innerweltlich
ist, sondern auf Gott wartet, das drückt sich aus, indem man auch im Leib ein Wartender
bleibt.“