Es war ein Glücksfall, dass man einen Mann von einem solchen intellektuellen und theologischen
Format bekommen konnte. Mit diesen Worten würdigt der langjährige Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, das bisherige Pontifikat Benedikts
XVI. Als Nachfolger von Johannes Paul II. habe er „wirklich schwierige Ausgangsbedingungen“
gehabt, so der Kardinal im Interview mit der kna. Aber er habe rasch einen eigenen
Stil entwickelt, ohne seinen Vorgänger nachzumachen. In punkto Ökumene werde der Papst
oftmals „etwas schief wahrgenommen“, betont Lehmann weiter. „Ich glaube, Benedikt
XVI. ist sehr viel ökumenischer eingestellt, als man meint. Aber er hat hier gewiss
strenge Maßstäbe und hohe Kriterien.“ Und der Kardinal fügt hinzu: „Ich hoffe, dass
gewisse Pannen, unter denen das Pontifikat gelitten hat - mit den Piusbrüdern zum
Beispiel oder auch die eine oder andere ökumenische Äußerung, die geschickter hätte
sein können - das Bild von ihm nicht verzerren.“ Dass mancher derzeit klarere Worte
des Papstes zu den Missbrauchsfällen in der Kirche vermisse, erscheint Kardinal Lehmann
hingegen unangebracht: „Dieser ständige Ruf, dass der Papst nun ein eigenes Wort an
Deutschland richten müsste, kommt mir manchmal etwas hysterisch vor. Denn der Papst
ist der Oberhirte für die ganze Kirche. Wenn er etwas erklärt, dann spricht er immer
zu allen.“ Im Vorfeld, führt Lehmann weiter aus, habe er an die Wahl eines deutschen
Papstes gar nicht erst geglaubt: „Denn die Wunden der beiden Weltkriege mit deutscher
Beteiligung waren längst nicht vergessen. Manche fürchteten auch einen zu starken
deutschen Einfluss auf die Kirche.“ (domradio 19.04.2010 vp)