Malta und Missbrauch: „Einige reagieren immer noch mit Omertà“
Der vatikanische „Staatsanwalt“
in der Glaubenskongregation wird sich im Juni mit Missbrauchsopfern aus Malta treffen.
Monsignore Charles Scicluna kommt selbst aus Malta; er kündigte die Begegnung jetzt
an. Der Presse gegenüber begrüßten mehrere Opfer das: „Endlich, nach Jahren des Wartens,
nimmt die Kirche unseren Schrei wahr.“ Dennoch hoffen sie weiter auf ein Treffen mit
dem Papst während seines Malta-Besuchs. Stefan Kempis über Malta und Missbrauch.
„Sie
kommt in einem sehr heiklen und entscheidenden Moment in der Geschichte des Vatikans“
– das sagt der Präsident von Malta, George Abela, über die Papstreise… und meint damit
natürlich die Missbrauchsskandale. Werden diese Skandale eine Art Spielverderber bei
diesem Papstbesuch sein? Louis Suban, der Erzpriester der St-Pauls-Basilika in Rabat,
bezweifelt das.
„Nein… ich war beim Weltjugendtag in Australien, und da war
es genauso. Immer wieder, wenn der Papst ein Land besucht, kommt dieselbe Litanei…
Es ist etwas sehr Trauriges, aber ich glaube, es wird die Kirche reinigen. Die Wahrheit
muss gesagt werden, und es braucht Gerechtigkeit. Bei den Gläubigen haben wir sehr
unterschiedliche Reaktionen: Es gibt da zum einen die alte Reaktion der Omertà, also
des Schweigens. Dann gibt es die, die die Kirche verurteilen, und wieder andere –
und das sind sehr viele – bemühen sich, durch Aufklärung das Vertrauen in die Kirche
wiederherzustellen… auf eine neue Weise, nicht so wie früher.“
Angesichts des
näher rückenden Papstbesuchs hat sich die Kirche Maltas sehr entschieden des Themas
Missbrauch angenommen, urteilt der protestantische Pfarrer Wilfried Steen.
„Ich
glaube, dass die Malteser, die ja in ihrer Bindung zur katholischen Kirche fast unübertroffen
sind, das sehr genau unterscheiden können. Mein Eindruck ist, dass die Dinge sehr
klar beim Namen genannt werden; niemand möchte das verschleiern. Aber davon unterschieden
ist, dass die Malteser doch eine sehr große Nähe zur katholischen Kirche und zum Papst
haben – und das demonstrieren sie auch während dieses Besuches ganz eindeutig.“
Auch
frühere Missbrauchs-Opfer betonen an diesem Samstag in der „Times of Malta“,sie hießen
den Papst „mit offenen Armen willkommen“. Wenn der Empfang für Benedikt auf der Insel
dennoch weniger enthusiastisch ausfällt als dereinst für Johannes Paul, dann liegt
das nach einem Kommentar des Blattes vom Samstag weniger an den Missbrauchsfällen
als daran, dass Benedikt „weniger Sogkraft“ besitze als sein Vorgänger. Außerdem gewinne
die Säkularisierung auch in Malta an Boden: In Meinungsfragen spricht sich inzwischen
eine knappe Mehrheit der Malteser für die Einführung der zivilen Ehescheidung aus,
und die Zahl der praktizierenden Katholiken geht allmählich zurück, auch wenn sie
immer noch über 50 Prozent liegt. Die Herausforderung für Maltas Kirche sind nicht
Missbrauchsfälle, sondern der rasche soziale Wandel auf Malta, der viele auch in der
Kirche überfordert.