2010-04-16 13:21:41

Afghanistan: „Rede vom Krieg birgt Gefahren"


RealAudioMP3 Betroffen und bestürzt hat sich Militärbischof Walter Mixa über den tödlichen Raketenangriff auf deutsche Soldaten in Afghanistan geäußert. Die Militärsorge stehe hinter den Soldaten und sei ihnen gerade in diesen schweren Stunden nahe. Bei einer Patrouille nahe der Provinz Baghlan waren am Donnerstag vier deutsche Soldaten in Afghanistan getötet und fünf verletzt worden. Dass Krieg nicht im Fokus des Afghanistaneinsatzes sein darf, daran erinnert Matthias Gillner. Er ist Dozent für katholische Sozialethik an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg.

 

Rede vom Krieg höhlt Gewaltverbot aus

In Deutschland richte sich die Benennung des Afghanistaneinsatzes als „Krieg“ gegen die Verharmlosung des Militäroperationen, so Göllner. Das sei auch verständlich, denn eine solche Verharmlosung habe schließlich reale Auswirkungen auf die Sicherheit der Soldaten vor Ort. Die klare Benennung des Einsatzes als Krieg habe für die Soldaten auch mehr rechtliche Klarheiten geschaffen, fügt Gillner an. Dennoch berge die Rede vom Krieg aus Sicht der katholischen Friedensethik aber „erhebliche Gefahren“. Der Sozialethiker erklärt:

„Zum einen wird ganz allgemein einer weiteren Aushöhlung des in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Gewaltverbots Vorschub geleistet, denn das Völkerrecht ächtet jeden Angriffskrieg und verpflichtet zum Gewaltverzicht. Es erinnert daran, dass Krieg nie wieder – das ist die Gefahr – ein legitimes, wenn auch äußerstes Mittel der Politik wird. Das Ziel der kirchlichen Friedensethik ist also eindeutig, Gewaltanwendung aus der internationalen Politik zu verbannen. Mit der Konzentration auf den Kriegsbegriff wird die eigentliche Zielbestimmung des Afghanistan-Einsatzes, und der ist durchaus vereinbar mit der katholischen Friedensethik, aus den Augen verloren.“

 

Auf Aufbauarbeit konzentrieren

Der Fokus müsse also vom Kriegsbegriff auf die Aufbauarbeit verschoben werden, so Gillner. Friedensarbeit bedeute nämlich langfristiger Aufbau an der sozialen und wirtschaftlichen „Front“.

 

„Zum einen geht es um die Herstellung nationaler Sicherheit, zum anderen um die Veränderung von wirtschaftlichen und politischen Strukturen, die einen elementaren Menschenrechtsschutz besonders für Frauen und Kinder gewährleisten. Aus Sicht der kirchlichen Friedensethik muss jeder militärische Einsatz immer mit der politischen Perspektive verbunden sein, die mehr beinhaltet als nur die Bekämpfung aktuellen Unrechts, sondern eben ein Baustein auf dem Weg zu gerechtem Frieden leistet.“

 

Diese Verbesserung der Infrastrukturen des Landes könne insgesamt zur Befriedung der Region beitragen, so Gillner. Aber eben nicht um jeden Preis:

 

„Das heißt aber nicht, dass die internationale Sicherheitsunterstützungstruppe in gefährliche Kämpfe verwickelt werden soll. Man muss immer aufpassen, dass man in keine Spirale der Gewalteskalation hineinkommt."

 

Langfristige Friedensarbeit trägt Früchte

Darüber hinaus dürften die bisherigen Leistungen der Aufbauarbeit nicht aus dem Blick verloren werden, erinnert Gillner. So habe man drei Viertel der afghanischen Bevölkerung medizinisch versorgt, Verkehrswege erneuert und die Wasserversorgung gesichert. Auch in der Schulbildung für Kinder, vor allem für Mädchen, habe man viel erreicht.

 

„Es geht darum, den Afghanen selbst dazu zu verhelfen, Frieden in ihrem Land zu stiften. Das heißt in ersten Linie, den zivilen Wiederaufbau zu verbessern.“

 

Matthias Gillner unterrichtet die Fächer Friedensethik, Menschenrechte, moralische Urteilsbildung und Dialog der Religionen. Diese sind Teil der Ausbildung für Führungskräfte bei der Bundeswehr.



(rv 16.04.2010 pr)








All the contents on this site are copyrighted ©.