Papstkenner: Rückblick auf fünf Jahre „Pontifikat Benedikt“ 1
Der Papst feiert am
kommenden Freitag seinen Geburtstag, am 19. April feiert die Weltkirche darüber hinaus
den fünften Jahrestag des Pontifikats von Benedikt XVI. Roman Angulanza, pensionierter
Direktor des katholischen Bildungswerkes in Salzburg, kennt den Papst sehr gut. Er
gehört zum Schülerkreis von Joseph Ratzinger, der die jährlichen Treffen mit seinen
früheren Studenten auch als Papst in Castel Gandolfo weiterführt. Schritte auf dem
Weg der Ökumene, wichtige Papstreisen oder Benedikts Umgang mit heiklen Themen wie
Missbrauch und Piusbrüdern – im Interview mit Radio Vatikan lässt Angulanza fünf bewegte
Jahre „Pontifikat Benedikt“ Revue passieren. Lesen Sie hier den ersten Teil zum Thema.
„Priester
in 30 Jahren? – Ehrenamtlich und verheiratet“
Ob Zölibatspflicht,
Frauenordination oder der Umgang der Kirche mit Geschiedenen. Angst, die „heißen Eisen“
in der katholischen Kirche anzugehen, hatte Papst Benedikt von Anfang an ganz sicher
nicht. Angulanza erinnert sich an die erste Bischofssynode kurz nach der Papstwahl
– die war regelrecht revolutionär.
„In der Öffentlichkeit
ist es kaum wahrgenommen worden, dass Papst Benedikt bei der ersten Bischofssynode
gleich nach seiner Wahl, die bereits von Johannes Paul II. einberufen war, diese Themen
– also Zölibat, Frauenordination, wieder verheiratete Geschiedene – auf die Tagesordnung
gesetzt hat und ein ganz neues Verfahren eingeführt hat. Früher musste man sich in
eine Rednerliste eintragen. Er dagegen sagte, es soll kontrovers diskutiert werden,
wenn jemand etwas zu sagen hat, soll er es sagen und nicht vorbereitete Reden halten.
Alle diese Fragen konnten ohne Tabu behandelt und diskutiert werden.“
Frühere
Stellungnahmen Joseph Ratzingers lassen erkennen, dass für den Theologen der Zölibat
kein Dogma war, bestätigt Angulanza. So habe Joseph Ratzinger schon 1970 in Graz die
Prognose gewagt, dass Priester 30 Jahre später, also im Jahr 2000, „ehrenamtlich“
und „verheiratet“ seien, erzählt der Österreicher. Auch über dieses Thema sei bei
der ersten Bischofssynode nach Benedikts Wahl zum Papst abgestimmt worden.
„Da
sind 50 Leitlinien verabschiedet worden, die sofort der Presse übergeben worden sind.
Zwei Drittel der Bischöfe haben aber bei all diesen Themen für Beibehaltung gestimmt.
Papst Benedikt nimmt die Kollegialität der Bischöfe sehr ernst.“
„Besser
gute Priester als viele“
Benedikt XVI. könne als Papst solche Fragen
natürlich nicht „im Alleingang“ entscheiden. Beim Thema Missbrauch habe er aber von
Anfang schnell gehandelt, Zielstrebigkeit und Entschiedenheit an den Tag gelegt. In
der Tat drängte Ratzinger schon als Präfekt der Glaubenskongregation auf Aufklärung
solcher Fälle, und zwar mit Hilfe einer eigens dafür vorgesehenen Stelle. Bei seiner
Reise in die USA im Jahr 2008, bei der der Papst auch Missbrauchsopfer traf, habe
Benedikt „eindeutig“ Stellung zum Thema genommen – klare Worte, die auch heute wieder
einmal gut tun würden, so Angulanza:
„Er hat damals gesagt, und
zwar ganz frei: Ich bin beschämt über das, was passiert ist. Und dann hat er drei
Ebenen genannt, auf denen das Problem behandelt werden muss: Zunächst auf der Rechtsebene,
und zwar mit den Opfern an erster Stelle, auch politisch gesehen. Er sagte damals:
Wer wirklich schuldig ist, kann kein Priester sein. Dann hat er als Zweites die seelsorgerische
Ebene genannt: Dass die Opfer Heilung und Hilfe brauchen. Drittens hat er gesagt,
dass man in Zukunft noch viel intensiver vorbereiten muss auf das Priesteramt, damit
so etwas nicht noch einmal vorkommt. Dass es eine tiefe geistliche, menschliche und
intellektuelle Bildung braucht. Es ist wichtiger, gute Priester zu haben als viele,
so seine Worte.“
Der von Benedikt XVI. hier angesprochene rechtliche
Umgang mit Missbrauchsfällen innerhalb der Kirche entspreche den Vatikanrichtlinien
von 2003, die an diesem Montag veröffentlicht wurden, so Angulanza. Wird einem Ortsbischof
ein Missbrauchsfall bekannt, muss er nicht nur die Glaubenskongregation darüber informieren,
sondern auch das bürgerliche Gesetz befolgen, steht darin. Und nicht nur das. Angulanza:
„Was weiter durchklingt: Dass es bei der Kirche keine Verjährung
gibt, in allen Staaten gibt es Verjährung, bei der Kirche nicht. Und dort, wo wirklich
grober Missbrauch oder eine Anklage vorliegt oder jemand verurteilt worden ist, wird
derjenige auch in den Laienstand zurückversetzt.“
Roman Angulanzas Rückblick
auf fünf Jahre „Pontifikat Benedikt“ - den zweiten Teil dazu lesen und hören Sie
am Montag in unserem Weltkirchenmagazin.