Der Essener Bischof
Franz-Josef Overbeck hat Vorwürfe zurückgewiesen, der Papst schweige zum Thema sexueller
Missbrauch durch Geistliche. In der ARD-Talkshow „Anne Will“ meinte Overbeck am Sonntag
Abend, an der Haltung Benedikts zum Thema Missbrauch könne es keinen Zweifel geben. „Der
Papst selber hat von Anfang an immer deutlich gemacht, dass es ihm darum geht zu sagen:
Missbrauch ist ein Verbrechen, ist Todsünde, und wir müssen alles tun, um es aufzuklären.
Wenn Sie allein lesen, was er während seines Pontifikats zu diesem Thema gesagt hat,
ist seine Botschaft sehr eindeutig – bis hin zu seinen Gesprächen mit Missbrauchsopfern
in Australien und in den USA.“
Overbeck unterstrich in der teilweise hitzigen
Debatte, Benedikt XVI. übe „ein universales Amt für die ganze Kirche“ aus. „Das müssen
auch wir Deutschen lernen“, so der Bischof. Es stimme allerdings, dass seine klare
Botschaft gegen Missbrauch in Deutschland derzeit nicht gehört werde.
„Ich glaube, sie verfängt deswegen nicht, weil wir in eine Krise in der deutschen
Kirche geraten sind, die sehr damit zu tun hat, dass Priester das Vertrauen der Menschen
gebrochen haben: dadurch, dass sie sich durch sexuelle Taten an ihnen vergangen haben
und damit ihre Macht mißbraucht haben, die dafür da ist, dass Menschen Vertrauen gewinnen.
Wenn das nicht geschieht, haben wir als Priester und Bischöfe ein großes Problem –
und dieses Problem haben wir zur Zeit.“
Auf die Frage, warum die Krise
vor allem dem Papst angelastet wird, meinte Overbeck: „Die wird
dem Papst nicht alleine angelastet; er ist derjenige, der als Oberhaupt unserer Kirche
der oberste Sprecher ist. Sie ist gleichzeitig eine Krise, die auch uns Bischöfen
angelastet wird, und sie ist in vielfacher Weise eine Krise des Vertrauens in die
vielen Priester, die gut ihren Dienst tun.“ Deutlich distanzierte sich der
Essener Oberhirte von der Solidaritätsbekundung von Kardinal Angelo Sodano an die
Adresse des Papstes. Der Dekan des Kardinalskollegiums hatte am Ostersonntag das –
so wörtlich – derzeitige „Geschwätz“ zurückgewiesen. Overbeck dazu: „Dafür
ist die Sache viel zu ernst – dafür ist jedes Opfer ein Opfer zuviel... Ich habe für
mich – weil mich auch Journalisten gefragt haben – deutlich gesagt, dass ich das für
mich und unser Bistum in keinster Weise unterstütze. Wenn ich das italienische Wort
für das, was mit „Geschwätz“ übersetzt wird, nehme, dann ist das auch ein „Vielreden“.
Wenn das gemeint ist, dann ist es durchaus nicht ganz unwahr.“