2010-03-29 16:27:57

D: „Alte Kämpfe neu aufgelegt"


Alte Grabenkämpfe führen zu Bigotterie, nicht zur Selbsterkenntnis. So kommentiert die ehemalige Bundestagsvizepräsidentin und evangelische Theologin Antje Vollmer die Auseinandersetzungen um die Missbräuche. In einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel fügte sie hinzu, der Grund des Übels sei noch gar nicht angeschaut worden. Vollmer wörtlich: „Es gibt überhaupt keinen gesellschaftlichen Raum, der vor Missbrauch sicher ist.“ Es sei Expertenmeinung, dass Missbrauch am häufigsten innerhalb enger familiärer Beziehungen vorkomme, was bedeute, dass das Weggucken allgemein in der Gesellschaft vertreten sei. Vollmer, die Vorsitzende des Runden Tisches Heimerziehung ist, benennt auch das Störende an dieser Debatte. „In dem Moment, wo Fehlentwicklungen beklagt werden, sucht und findet man einen Schuldigen, der nicht man selbst ist. Wenn eine Gesellschaft Liberalisierung will, kann sie nicht gleichzeitig nach alten Autoritäten zur Schuldentlastung rufen“, so Vollmer. Und weiter: „Es geht fröhlich gegen die katholische Kirche, die man wegen ihrer ungeliebten Sexualmoral nun endlich mal vorführen kann. Das konservative Lager und seine Presse befeuern umgekehrt die beliebte Anti-68er-Debatte neu.“ Hier würden alte Kämpfe neu aufgelegt, die nichts nützten.

(tagesspiegel, 29.3.2010 ord)







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