Vatikan: „Papst hat jeden Missbrauchsfall verfolgt“
Ein früherer Mitarbeiter des jetzigen Papstes weist den Vorwurf zurück, Kardinal Joseph
Ratzinger habe als Leiter der Glaubenskongregation Fälle sexuellen Missbrauchs vertuscht.
Das sei „absurd“: Ratzinger habe jedes Delikt unnachgiebig verfolgt, sagte Bischof
Gianfranco Girotti, Regent der Apostolischen Pönitentiarie, der seinerzeit Mitarbeiter
der Glaubenskongregation war. In einem Interview mit der Mailänder Tageszeitung „Corriere
della Sera“ verteidigt Girotti auch das vatikanische Vorgehen im Fall des US-Priesters
Lawrence Murphy, der bis 1974 rund 100 Kinder missbraucht haben soll. Murphy habe
bereits im Sterben gelegen, als die Glaubenkongregation 1996 von den Vorgängen Kenntnis
erlangt habe, so der Kurienbischof. US-amerikanische Medien hatten Papst Benedikt
XVI. und der Glaubenskongregation eine Vertuschung des Falls „Murphy“ vorgeworfen.
Zugleich hob Girotti hervor, dass es nie geheime Vorschriften gegeben habe, Fälle
sexuellen Missbrauchs zu verschweigen oder eine Anzeige zu unterlassen.
Die
US-Opfergruppe „SNAP“ (Netzwerk von Opfern des Missbrauchs durch Priester) ruft den
Papst dazu auf, die Dossiers zu US-Missbrauchsfällen, die in der Glaubenskongregation
lagern, zu veröffentlichen.
Derweil legt die „New York Times“ einen Tag nach
ihren Vorwürfen gegen den heutigen Papst nach: Als Erzbischof von München sei Ratzinger
darüber auf dem laufenden gewesen, dass ein pädophiler Priester wieder in der Seelsorge
eingesetzt wurde. Zwei damalige Mitarbeiter Ratzingers hätten das der Zeitung bestätigt.
Das Erzbistum München-Freising erklärt zu dem neuen Artikel, er enthalte „keine Informationen,
die über das hinausgehen, was die Erzdiözese bislang über den Kenntnisstand des damaligen
Erzbischofs über die Personalie mitgeteilt hat“. Die Erzdiözese gehe „nach wie vor
davon aus, dass der damalige Erzbischof die Entscheidung, Priester H. in der Pfarrseelsorge
einzusetzen, nicht gekannt hat.“ Jede anders lautende Darstellung sei „reine Spekulation“.
Die gleiche Wortwahl verwendete an diesem Freitag Papst-Sprecher Federico Lombardi. (kipa/nyt
26.03.2010 sk)