2010-03-24 13:26:41

Medienfachmann: „Anti-Kirchen-Kampagne“ ist Quatsch


RealAudioMP3 Verfolgen die Medien das Ziel, „die Glaubwürdigkeit der Kirche zu erschüttern“? Sie tun es, wenn man dem Urteil des Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller glaubt. Als „Kampagnen-Journalismus“ bezeichnete er in seiner Sonntagspredigt die Berichterstattung in Deutschland seit dem ersten Bekanntwerden von Missbrauchsfällen in der Kirche. Diese Einschätzung teilt der Leiter des Adolf Grimme Instituts, Uwe Kammann, nicht. Im Gespräch mit dem Kölner Domradio widerspricht er dem Oberhirten - aus ganz grundsätzlichen Überlegungen heraus:

„Tatsächlich kann es das gar nicht geben. Es gäbe heute niemanden mehr, keine noch so mächtige Einrichtung, die beschließen könnte: Wir betrachten eine bestimmte Sache oder Person unter einem gleichen Blickwinkel und sorgen dafür, dass alle ähnlich darüber schreiben. Das ist ausgeschlossen, weil eine Kampagne Abspachen bedeuten würde. Und solche Absprachen sind in der heutigen Medienwirtschaft schon unter dem Gesichtspunkt der Konkurrenz zwischen den einzelnen Medien undenkbar.“

Wer in diesem Punkt anders denke, habe keine Ahnung von der Medienlandschaft, betont der ehemalige Journalist. Zwar könne sich über tonangebende Medien so etwas wie „eine Konjunktur, ein Nachläufertum“ in der Berichterstattung bilden, allerdings ohne jeden strukturellen Charakter. Was derzeit von Teilen der katholischen Kirche als Kampagne empfunden werde, betont Kammann, sei lediglich eine gewisse thematische Häufung:

„Es ist klar, dass die katholische Kircheverstärkt im Blickpunkt steht, nachdem nach und nach einige Fälle sexuellen Missbrauchs ans Tageslicht kamen. Dann graben alle nach und wollen natürlich auch ein Stückchen von diesem Kuchen abbekommen. Das hat dann aber noch nichts mit einer Kampagne zu tun. Eigentlich wird in diesem Fall der Bote dafür geschlagen, dass er mit der Botschaft sehr unglücklich ist. Als katholische Kirche würde ich von daher vermutlich auch sagen, dass das schlimm für die eigene Institution ist, wenn so viele ganz und gar negativ über mich schreiben.“

Und was rät der Medienexperte den Konsumenten, die sich schließlich an möglichst objektiven Darstellungen eine eigene Meinung bilden wollen?

„Es gibt natürlich hervorragende Journalisten, die sehr gut arbeiten und tief recherchieren. Aber eben auch diejenigen, die oberflächlich rangehen und nach Effekten haschen. Und da heute die Medien über das Internet sehr viel umfassender, leichter und schneller zugänglich sind, hat man den Eindruck, dass es in den Medien mehr Müll gibt - ohne, dass deren Qualität im Schnitt schlechter geworden wäre. Das heißt, auch als Publikum muss man äußerst kritisch sein und mit dem eigenen Verstand prüfen, ob zum Beispiel Akzente falsch gesetzt werden. Und das kann eigentlich nur durch Vergleich geschehen.“

(domradio 24.03.2010 vp)








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