Missbrauchsdebatte: Der Unsinn von der Selbst-Entschuldigung
Ein Zwischenruf unseres Redaktionsleiters P. Bernd Hagenkord In der Debatte um
die Missbräuche von Kindern und Jugendlichen taucht immer wieder eine störende Formulierung
auf: „Ich entschuldige mich“. Um es ganz klar zu sagen: Das geht nicht, ich kann mich
nicht entschuldigen, ich kann höchstens um Entschuldigung bitten. Das klingt zunächst
spießig und kleinkrämerisch und ist vielleicht auch nicht das wichtigste Thema in
dieser Debatte, aber es zeigt etwas auf. „Ich entschuldige mich“, das heißt: Nach
meiner Entschuldigung bin ich die Schuld los. Andere sind an diesem Schuld-Loswerden
gar nicht beteiligt. Theologisch ist das natürlich Unsinn. Dagegen: Um Entschuldigung
bitten lässt die Handlung bei dem, der Opfer der Schuld war. Wenn ich mich selbst
entschuldige, dann nehme ich dem Opfer - in diesem Fall vom Missbrauch - die Möglichkeit,
Teil des Prozesses zu werden, zu vergeben, oder eben auch nicht. Und noch etwas
anderes: Die Selbst-Entschuldigung zeigt, dass sie ein Teil eines Medienrituals geworden
ist. Wie es ein Vertreter einer Ordensgemeinschaft neulich in einem Pressestatement
ausgedrückt hat: Er wisse nichts von Fällen von Missbrauch in seiner Gemeinschaft,
aber sollte es sie doch gegeben haben, so entschuldige er sich schon einmal im voraus.
Das ist ein Satz, der völlig frei ist von der Einbeziehung von Opfern und der nur
noch in der bunten Medienwelt stattfindet. Wenn wir in der Debatte etwas gelernt haben
sollten, dann doch das, dass die Opfer nicht schon wieder nicht gehört werden sollten. Achten
wir doch bitte etwas mehr auf unsere Sprache. Wie gesagt, das alles mag etwas kleinkariert
klingen. Aber wie es mein erster Theologieprofessor ausgedrückt hat: „Der Teufel liegt
im Detail. Gott auch“.