In Jerusalem ist es
an diesem Dienstag erneut zu Zusammenstössen zwischen palästinensischen Demonstranten
und der israelischen Polizei gekommen. Extremistische Palästinensergruppen hatten
einen „Tag des Zorns“ ausgerufen, um gegen die Einweihung des Neubaus einer alten
Synagoge an diesem Montag zu protestieren. Junge Palästinenser warfen Steine und zündeten
Reifen an, mehrere Demonstranten wurden verhaftet. Die „Churva“-Synagoge liegt im
jüdischen Viertel der Jerusalemer Altstadt rund 350 Meter Luftlinie vom Felsendom
entfernt – und stellt vermeintlich nur den Auslöser für die Unruhen dar. Radio Vatikan
hat mit dem Jerusalemer Rechtsanwalt Danny Seidemann gesprochen, der die Ursachen
für den Konfliktherd so beschreibt: „An erster Stelle sind Besitzansprüche zu
nennen, die von den unterschiedlichen Konfliktparteien erhoben werden und ein friedliches
ziviles Zusammenleben unmöglich machen. Aus diesem Grund hat es hier schon immer Gewalt
gegeben. Und auch künftig wird das zu Auseinandersetzungen führen. Zusätzlich sehen
wir ganz aktuell die Auswirkungen der von der israelischen Regierung geplanten Ausdehnung
des Siedlungsausbaus in Ost-Jerusalem, dem arabischen Teil der Stadt. Diese Pläne
haben ja auch in der internationalen Politik einen Aufschrei hervorgerufen. Vor diesem
Hintergrund ist die Möglichkeit eines politischen Übereinkommens im Nahost-Friesensprozess
in der Zukunft stark gefährdet.“ Die geplanten Baumaßnahmen geben
dem palästinensischen Unmut gegenüber Israel neue Nahrung, so Seidemann. Laut örtlichen
Medienberichten bleibendie Schulen in der Umgebung der Jerusalemer Altstadt
wegen befürchteter Unruhen bis auf weiteres geschlossen, die Eingänge zur Altstadt
sind weitgehend für Palästinenser abgeriegelt worden. Der israelische Anwalt erläutert
die Bedeutung der internationalen Politik für den Konflikt: „Wir befinden uns
jetzt inmitten eines großen Dramas. Die USA haben in ihren jüngsten Stellungnahmen
demonstriert, dass sie die israelische Regierung zwar prinzipiell unterstützen, aber
gegen die benannten Siedlungsmaßnahmen in Jerusalem sind. Weil diese nach der Meinung
Washingtons sowohl gegen das Interesse der USA und des gesamten Nahen Ostens verstoßen,
aber auch gegen ihr eigenes Interesse verstoßen. Denn es muss um die Stabilisierung
des Friedens gehen! Die Haltung der USA begrüße ich persönlich, da sie vielleicht
ein kritisches Umdenken und den politischen Prozess im Land anregen kann.“ An
diesem Dienstag hat der US-Gesandte George Mitchell seine geplante Nahost-Reise wegen
des Streits um die israelischen Siedlungspläne in Ost-Jerusalem verschoben. Das Büro
des israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres teilte mit, man sei von der US-Botschaft
über die Absage informiert worden. Der US-Diplomat sollte bei den indirekten Friedensgesprächen
zwischen Israelis und Palästinensern als Vermittler auftreten. Ob neue Verhandlungen
beginnen, ist nun ungewiss. (rv/kipa 16.03.2010 vp)