Wegen des Missbrauchsskandals
gerät das Oberhaupt der irischen Kirche zunehmend unter Druck. Vertreter von Opfergruppen
fordern nach britischen Medienberichten am Sonntag den Rücktritt von Kardinal Sean
Brady.
Die jüngsten Enthüllungen hätten Kardinal Sean Brady jede Glaubwürdigkeit
genommen, sagte die Vorsitzende der Organisation „One in Four, Maeve Lewis“, dem Radiosender
RTE. Brady lehnte seinen Rücktritt ab. Laut Berichten hatte er am Freitag eingeräumt,
als Sekretär des Bischofs von Kilmore 1975 an Verhandlungen mit Missbrauchsopfern
eines Priesters teilgenommen zu haben, bei dem zwei Jugendliche unter Eid zu Stillschweigen
über die Vergehen verpflichtet worden waren. Der Täter, Brendan Smyth, wurde erst
in den 90er Jahren vor Gericht gestellt und zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er soll
mehrere Dutzend Kinder missbraucht haben. 1994 trug sein Fall indirekt zum Sturz der
irischen Regierung bei. Vertreter der Opferverbände erklärten, vielen Jugendlichen
hätten schlimme Erfahrungen erspart werden können, wenn Smyth bereits in den 70er
Jahren angeklagt worden wäre. Brady sagte dazu laut Presseberichten, drei Wochen nach
dem Treffen sei Smyth von seinem Priesteramt entpflichtet worden. Auf die Frage, warum
er die Behörden nicht eingeschaltet habe, sagte der Kardinal, er sei als Sekretär
des Bischofs damals dazu nicht berechtigt gewesen. Der Leiter der irischen Sektion
von Amnesty International, Colm O'Gorman, bezeichnete es als „obszön, dass Opfer von
Brendan Smyth Schweigegelübde unterschreiben mussten“. Brady hätte diese Verbrechen
der Polizei melden müssen, sagte O'Gorman.