Vatikanzeitung: Missbrauchs-Kritik an Kirche ist „übertrieben“
Die Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ setzt sich gegen Angriffe auf die katholische
Kirche und ihre Leitung zur Wehr. Es werde mit „Verbissenheit“ versucht, Missbrauchsfälle
als besonders häufig in der Kirche darzustellen. Dabei sei sie diejenige Institution,
die am klarsten gegen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen vorgehe, heisst es in
einem Gastkommentar auf der Titelseite der Sonntagsausgabe (14. März).
Das
negative Image im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen sei „übertrieben“, schrieb
der Autor Giuseppe Versaldi, Mitglied des vatikanischen Obersten Gerichtshofs der
Signatur und Bischof im italienischen Alexandria. Es sei „paradox, die Kirche so darstellen
zu wollen, als sei sie verantwortlich für den Missbrauch Minderjähriger“. Papst Benedikt
XVI. führe einen „offenen und entschlossenen Kampf“ gegen die Vergehen durch Geistliche.
Versaldi
wies als falsch zurück, dass der Papst sich mehr um die Theologie als um die Kirchenleitung
kümmere. Dies sei ein „Klischee, dass manche leider auch innerhalb der katholischen
Hierarchie glaubhaft machen wollen“.
Versaldi, ehemaliger Professor für Kirchenrecht
und Psychologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana, verwarf die These, der
Zölibat sei eine Ursache für Pädophilie: „Es ist erwiesen, dass keinerlei Kausalzusammenhang
besteht.“ Sexueller Missbrauch sei bei Nichtklerikern und Verheirateten verbreiteter
als bei ehelos lebenden Geistlichen. Priester, die pädophile Vergehen begangen hätten,
hätten auch zuvor Probleme mit ihrer Ehelosigkeit gehabt.
Jeder einzelne Missbrauch
durch einen Priester sei inakzeptabel, betonte der Bischof. „Zu Recht will die Kirche
keinerlei Unsicherheit hinsichtlich der Verurteilung des Verbrechens tolerieren“,
schrieb Versaldi. Dazu gehöre auch die Entfernung aus dem Dienst für denjenigen, der
sich "mit einer solchen Schande befleckt" habe, und eine "gerechte Entschädigung für
die Opfer".
Es sei „ein weiteres Paradox“, dass strengere Normen zur Weihezulassung
von den gleichen Personen attackiert würden, die der Kirche die Hauptverantwortung
für sexuellen Missbrauch zuschieben wollten, so Versaldi.