Ein wichtiger Schritt
zur Prävention von sexuellem Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen ist die sorgfältige
Auswahl von Priesteramtskandidaten und Ordensbewerbern. Das meint der Generalsekretär
der österreichischen Superiorenkonferenz, P. Erhard Rauch, im Gespräch mit kathpress: „Das
hat schon begonnen vor einigen Jahren, dass sich jeder, der in einen Orden eintreten
will, einem Persönlichkeitstest unterziehen muss. Dieses Thema wird also besonders
angesprochen – von Psychologen, von Therapeuten. Man muss also menschlich ermessen,
ob das auch Persönlichkeiten sind, die dem Ordensleben gerecht werden.“ Eine
„reife Sexualität“ sei die Voraussetzung für ein verantwortungsvolles Wahrnehmen von
Aufgaben in Fürsorgeberufen allgemein, nicht nur innerhalb der Kirche. Pater Rauch:
„Ich denke es geht darum, im Orden wie in der Gesellschaft unsere Fragen zu
einer reifen Sexualität überlegen müssen, denn leider Gottes kommt das Problem ja
nicht nur im Orden, sondern in der ganzen Gesellschaft vor. Die meisten Fälle passieren
immer noch in den Familien, unter Verwandten, dort wo enge Beziehungen aufgebaut werden.“ Oder
dann doch gleich den Zölibat abschaffen? Diese Frage führe am Thema vorbei, meint
der Leiter der Ombudsstelle der Erzdiözese Wien für Missbrauchsopfer in kirchlichen
Einrichtungen. Eine pädophile Veranlagung beruhe, so der Psychiater Prof. Johannes
Wancata, primär auf Ereignissen in der frühen Kindheit - zum Beispiel auf eigenen
Missbrauchserfahrungen. Der Zölibat dürfe freilich nicht als Flucht vertsanden werden,
so Wancata im Gespräch mit kathpress: „Wichtig ist, dass Personen, die mit ihrer
Sexualität nicht zurechtkommen, sich nicht den Zölibat als Schutzmechanismus suchen,
weil das geht meistens schief." Eine andere Möglichkeit, sexuellen
Missbrauch noch im Keim zu ersticken, ist der Einsatz kirchenunabhängiger Zuständiger.
Das sei in der Erzdiözese Wien bereits der Fall, unterstreicht Wancata. Keiner der
von der Erzdiözese beauftragten Experten stehe in einem Abhängigkeitsverhältnis zur
Kirche. Zum Thema Anzeigepflicht sagte Wancata: „Die Verpflichtung
zur Anzeige ist bei Ombudsstellen oder anderen Opferschutzeinrichtungen meiner Meinung
nach ein Problem, weil es dann für die Opfer noch schwieriger wird, sich dorthin zu
wenden. Denn einige Opfer wollen erst einmal nur reden, für sie ist es noch nicht
klar, wie sie weiter gehen wollen.“ Als sinnvoll bewertet Wancata dagegen
eine Anzeigepflicht für Arbeitgeber wie Schulen, Orden oder auch Sportvereine, wenn
diese von einem sexuellen Übergriff durch einen Mitarbeiter erfahren. Wancata fordert
weiter eine bessere Zusammenarbeit der Diözesen und Ombudsstellen, um einheitliche
Vorgehensweisen in Fällen von Missbrauch zu garantieren. (kap/rv
13.03.2010 pr)