Der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten, hat
die Kritik von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger an den Aufklärungsbemühungen
der katholischen Kirche zurückgewiesen. Die Ministerin habe „keine Ahnung“, sagte
er am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. Früher sei bei Missbrauch von Kindern vielfach
weggesehen worden. Heute kläre die Kirche derartige Fälle aber sehr radikal auf und
vertrete eine Null-Toleranz-Politik. Leutheusser-Schnarrenberger hatte von einer „Schweigemauer“
an katholischen Schulen gesprochen und beklagt, die katholische Kirche arbeite mit
den Strafverfolgungsbehörden zu wenig zusammen. Jüsten sicherte zu, dass die katholische
Kirche selbst an der raschen Aufklärung der Missbrauchsfälle interessiert sei. Auch
die Diözesen hätten den Auftrag nachzuforschen. Jeder in der Kirche wisse, dass er
jetzt gefordert sei. Der Prälat bezeichnete die öffentliche Entschuldigung des früheren
Regensburger Domkapellmeisters Georg Ratzinger als „wunderbares Zeichen“. Er forderte
andere Geistliche auf, es dem Bruder von Papst Benedikt XVI. gleich zu tun. Ratzinger
hatte eingeräumt, Chormitglieder der Domspatzen geohrfeigt zu haben. Jüsten rief zugleich
dazu auf, bei den nun bekanntgewordenen Fällen zwischen körperlicher und sexueller
Gewalt zu unterscheiden. Manches sei dem damaligen „Zeitgeist“ geschuldet, sagte er.
Jeder in der Kirche sei zu lückenloser Aufklärung aufgerufen.