2010-03-07 12:52:12

Irak: Terror auch am Wahltag


Auch am Tag der Parlamentswahlen kommt der Irak nicht zur Ruhe: Bei mehreren Anschlägen kamen an diesem Sonntag 24 Menschen ums Leben; etwa sechzig wurden verletzt. Etwa 20 Millionen Iraker können in diesen Stunden zum ersten Mal seit dem Abzug der US-Besatzer aus den Städten und Dörfern ihre Stimme abgeben; es ist die zweite Parlamentswahl im Irak seit dem Sturz von Saddam Hussein. Extremistengruppen haben mit Gewalt gedroht und die Iraker aufgefordert, ihre Häuser nicht zu verlassen. Mit den Wahlergebnissen wird frühestens in einer Woche gerechnet.
In den letzten Tagen war die Anspannung im Land deutlich gestiegen. Dabei geriet die christliche Minderheit immer weiter unter Druck. „Wir Christen stehen im Kreuzfeuer“, sagte Faleh Francis Yousif: Der Sportmediziner war bis zum vergangenen Jahr Vizepräsident des nationalen Olympischen Komitees und gehört zur Gruppe der chaldäischen Christen. Besonders dramatisch sei die Lage rund um die nordirakische Stadt Mossul, so Yousif. Dort kämpften arabische Sunniten und Kurden „auf dem Rücken der Christen“ um die Vorherrschaft. „Mosul ist heute die schlimmste Stadt im Irak“, so der 55-Jährige. Nach Angaben des syrisch-katholischen Erzbischofs von Mossul, Georges Casmoussa, haben in den letzten zehn Tagen über 1.000 Familien die Stadt verlassen. Besonders die Ermordung von drei nahen Verwandten eines Priesters habe spricht und Verunsicherung unter den Gläubigen verbreitet. Casmoussa sprach von einer „düsteren Zeit“ für Angehörige der christlichen Minderheit. Es sei nicht hinnehmbar, dass Christen jedes Mal vor Wahlen Drohungen ausgesetzt seien und ihre Häuser verlassen müssten. Der Erzbischof verlangt bessere Schutzmassnahmen durch den Staat. Laut Kirchenangaben sind im Irak seit dem Sturz des Saddam-Regimes 2003 rund 2.000 Christen bei Attentaten ums Leben gekommen. Im gleichen Zeitraum verliess demnach die Hälfte der damals 1,2 Millionen Menschen zählenden christlichen Bevölkerung das Land. Von den verbliebenen 600.000 leben viele als Binnenflüchtlinge.
Zu den Erwartungen an die Wahl sagt Erzbischof Casmoussa: „Wir hoffen, dass es nach der Wahl eine neue Ära für das Land geben wird: dass es eine Regierung gibt, die eine andere Mentalität vertritt und weitsichtig ist, dass man mit einem Geist der Einheit regiert und nicht die Interessen einzelner Fraktionen vertritt. Wir wünschen uns eine Regierung, die dafür sorgt, dass die Verfassung geachtet und umgesetzt wird, dass das Gesetz respektiert wird und die rechtsstaatlichen Prinzipien für alle gelten." Die Christen wollten „Bürger mit allen Rechten und Pflichten sein“ und bäten „um den Schutz der Menschen- und Bürgerrechte sowie der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rechte für alle!“

(rv/fides/kipa/reuter 07.03.2010 sk)







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