Der Schweizer Theologe Hans Küng hat dem Vatikan eine Mitverantwortung bei den Missbrauchsskandalen
in der katholischen Kirche in Irland und Deutschland zugesprochen. Die Glaubenskongregation,
die 20 Jahre vom heutigen Papst Benedikt XVI. geleitet worden sei, bearbeite diese
Fälle zentral und wisse sie sehr gut zu vertuschen, sagte Küng in einem am Freitag
veröffentlichten Interview des französischen Nachrichtenmagazins „L’Express“ (Onlineausgabe).
Küng erklärte, die Bischöfe, die solche Verbrechen gedeckt hätten, seien ebenso schuldig
wie die Priester, die unter dem Zwang des Zölibats nicht immer auf normale Weise mit
der Eigendynamik der Sexualität umgehen könnten. – Der 81-jährige Küng nahm am Zweiten
Vatikanischen Konzil teil und galt früh als Reformer. 1979 entzog ihm Papst Johannes
Paul II. die kirchliche Lehrerlaubnis, nachdem er die päpstliche Unfehlbarkeit und
die Rolle des Zölibats angezweifelt hatte.