Ein Besuch im Zeichen
des Friedens: An diesem Samstag war der Ministerpräsident des Libanon, Saad Hariri,
im Vatikan zu Gast. Mit Papst Benedikt hat er über die aktuelle Lage in seinem von
zahlreichen Bürgerkriegen gezeichneten Heimatland gesprochen. Das katholische Hilfswerk
„Kirche in Not“ hat in der Vergangenheit stark darauf hingearbeitet, die christlichen
Abwanderungswellen aus dem Libanon zu stoppen. Pressereferent André Stiefenhofer erklärt
im Gespräch mit Radio Vatikan, warum die Situation der Christen wohl nicht alleine
im Mittelpunkt der Papstaudienz Hariris gestanden hat: Die grundsätzliche Frage nach
dem Frieden im Land sei vordringlich:
„Weil ja auch dem Papst daran gelegen
ist, die sehr labile Stabilität in der Region zu wahren und einen generellen Frieden
zu sichern. Denn der Libanon steht vor großen Problemen. Israel hat über Umwege, nämlich
über Syrien, wieder mit einem Militärschlag gedroht, da die Hisbollah im Süden des
Libanon angeblich eine neue Boden-Boden-Rakete geliefert bekommen haben soll. Und
Israel möchte diese wahrscheinlich auf militärischen Weg ausschalten. Das heißt, der
Ministerpräsident hat momentan ganz andere Probleme, als die Christen in seinem Land
und muss darauf schauen, den Frieden zu erhalten.“
Auch die innenpolitische
Situation fordert die Aufmerksamkeit des Ministerpräsidenten. Im Süden des Libanon
kommt es immer wieder zu Unruhen in den dortigen Palästinenserlagern. Dabei hätten
auch die Christen die vermehrte Aufmerksamkeit und Unterstützung der Politik nötig,
betont Stiefenhofer:
„Wir hören aus dem Land auch, dass es eine schleichende
Islamisierung gibt. Dass sehr viel Geld aus den Ölstaaten Arabiens hinein gepumpt
wird, um Islamisierungsprogramme an den Schulen und eine Islamisierung der Medien
zu starten. Der Koran wird mehrmals täglich über das Staatsfernsehen verbreitet. Auf
den Straßen zeigt sich die Islamisierung durch Spruchbänder und Plakate, islamische
Symbole und Porträts von Religionsführern. Und in dieser Atmosphäre bewegen sich die
Christen inzwischen als Minderheit.“
Während 2008 noch
53 Prozent der Bevölkerung im Libanon Christen waren, liege die Zahl aktuell nur noch
bei höchstens 40 Prozent. Vor allem die Bürgerkriege der letzen Jahre hätten die Christen
immer wieder zur Auswanderung genötigt, so Stiefenhofer. Deswegen sei ihre Existenz
in der Region abhängig von einer verstärkten Friedenspolitik im Land. Mit diesem Anliegen
treffe der Papst bei Staatschef Hariri auf ein offenes Ohr.
„Hariri ist
ein sehr intelligenter und akademisch gebildeter Mann. Er hat an einer katholischen
Universität in den USA studiert. Außerdem ist er einer der reichsten Männer der Welt.
Und das bedeutet, dass ihm an der Wahrung der Stabilität im Libanon gelegen ist. Und
der Status quo ist für die Christen auf politischer Ebene momentan gut. Das liegt
eben an dem Proporzsystem des Libanon. Wenn man rein demokratische Verhältnisse anstreben
würde, wären die Christen im Parlament gemäß ihrem Bevölkerungsanteil nicht mehr so
stark vertreten, wie sie es jetzt sind. Saas Hariri ist ein sunnitischer Muslim, aber
eben auch ein Freund des Status quo. Und damit auch ein Freund der Christen, ganz
allgemein gesprochen.“
In einem Interview mit der Mailänder Zeitung „Corriere
della Sera“ von diesem Samstag hatte sich der Regierungschef des Libanon besorgt über
die Lage der Christen im Nahen Osten, vor allem im Irak geäußert. Sie stünden unter
besonderem Druck und seien die ersten, die sich bei instabilen Verhältnissen und infolge
von Gewalt zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen sähen. - Saad Hariri ist ein Sohn
des vor vier Jahren ermordeten früheren Premiers Rafik Hariri. Seit September vergangenen
Jahres steht er der Beiruter Regierung vor.