Der portugiesische Kardinal Jose Saraiva Martins ist skeptisch, was die angeblichen
Marienerscheinungen im kroatisch-bosnischen Medjugorje betrifft. „Kein Zweifel – solange
die Kirche die Erscheinungen durch den Papst nicht offiziell positiv beurteilt, soll
man sie nicht als echt ansehen.“ Das sagte frühere Präfekt der vatikanischen Heiligenkongregation
jetzt dem Internetdienst „petrus online“ in einem Interview. Berichte über Bekehrungen
oder gar Heilungen in Medjugorje bedeuteten „absolut keinen Beweis“ für die Echtheit
der Erscheinungen: „Nur weil sich dort jemand bekehrt, heißt das noch lange nicht,
dass die Madonna dort erscheint.“ Bekehrungen seien „auch in einer kleinen Landpfarre
möglich“, so Saraiva Martins pointiert. Ob die Seher „diese Erscheinungen erfunden
haben oder ob sie wirtschaftliche Interessen verfolgen“, wisse er nicht: „Aber mit
Sicherheit kann hinter solchen Fällen der Teufel stecken“. Gott sei allerdings „so
groß, dass er sich auch des Bösen zum Wohl der Menschheit zu bedienen weiß“ – das
erkläre vielleicht „die Wohltaten, die viele in Medjugorje empfangen“. Der Kardinal
scheint sich schon darüber zu wundern, dass keiner der Seher das geweihte Leben gewählt
hat: „Das wäre ein schönes Zeugnis gewesen“. Er sehe überhaupt „einen großen Unterschied
zu Fatima“, wo Maria 1917 drei Hirtenkindern erschien. Saraiva Martins war mit einer
der Seherinnen, Schwester Lucia, eng befreundet und gilt als guter Fatima-Kenner:
„In Fatima waren die Seherkinder sehr demütig und zogen es vor, zu schweigen; in Medjugorje
sehe ich so etwas überhaupt nicht.“ Außerdem habe Schwester Lucia die Botschaften
Mariens schriftlich niedergelegt, „während sie die in Medjugorje für sich behalten“.
Auch wenn die Erscheinung in Medjugorje offenbar die Seher in einigen Fällen aufgefordert
habe, ihrem Bischof nicht zu gehorchen, „dann ist das ein Element, das zu denken gibt“.
Saraiva Martins will nicht die Tatsache kommentieren, dass der Wiener Kardinal Christoph
Schönborn um den Jahreswechsel herum Medjugorje besucht hat, „aber ich hätte erst
einmal mit Monsignor Peric“, also dem Ortsbischof, „gesprochen“. Dies tue er jedesmal,
wenn er ein Bistum besuche, und dies gelte erst recht „angesichts der krankhaften
Aufmerksamkeit, die sich auf Medjugorje konzentriert“. (petrus online 20.02.2010
sk)