2010-02-20 11:22:51

Irland: In Sachen Missbrauch schon etwas weiter...


RealAudioMP3 Vielleicht ist Irland in Sachen Missbrauch durch Priester schon ein wenig weiter als Deutschland. Die Welle der Empörung schwappte schon vor einigen Jahren über die Insel, und ausführlich haben sich inzwischen kirchliche wie staatliche Kommissionen mit dem Phänomen beschäftigt. Vergangene Woche waren Irlands Bischöfe beim Papst. Dominik Skala hat mit unserer irischen Kollegin Emer Mc Carthy gesprochen, wie sie die Gespräche in Rom einschätzt, aber auch über die Rolle der Kirche im Land und die notwendige Schritte, die jetzt folgen müssen.

„Ich glaube, kein irischer Katholik kann über die gegenwärtige Situation froh sein. Wir sprechen von einer Situation, die man nur als Tragödie bezeichnen kann. Und ich glaube, dass man als irischer Katholik sagen kann, dass der Umgang der Kirche mit den Missbrauchsfällen, besonders seitens der Bischöfe, sehr unverständlich war. Beim Treffen mit Papst Benedikt haben die Bischöfe zum ersten Mal gemeinsam bekannt, dass sie im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen hätten besser agieren müssen und dass sie in der Vergangenheit Vieles nicht ernst genug genommen haben. Das ist sicherlich als positiver Aspekt des Treffens zu betrachten. Es gilt wohl auch das, was Bischof Duffy gesagt hat: Zu lange hat es in der irischen Kirche eine Kultur der Geheimhaltung gegeben. Und genau das ist dafür mit verantwortlich, warum es soviel Leid in der irischen Kirche gegeben hat.“ 
Das Treffen der Bischöfe mit dem Papst also als Wendepunkt?

Es gab schon einen Wendepunkt, und zwar vor 17 Jahren. Damals haben die Bischöfe Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche verabschiedet, und diese Leitlinien sind deutlich strikter als jene im staatlichen Bereich. Es wurde eine unabhängige Expertenkommission eingesetzt, die sicherstellen sollte, dass der sexuelle Missbrauch von Kindern in Irland nie wieder passiert. Was ich mir von dieser Woche erhoffe, ist die Tatsache, dass die Bischöfe verstehen, wie wichtig es ist, miteinander zu sprechen und mit einer gemeinsamen Vision zu arbeiten. Sie sind nun einmal die Führer der irischen Kirche, und bisher haben sie ihre bischöfliche Verantwortung im Umgang mit dem Kindesmissbrauch nur sehr unzureichend wahrgenommen.  
Wie hat die irische Öffentlichkeit die Gespräche beim Papst aufgenommen? Was beurteilen die Medien die Ergebnisse des Krisengipfels?

Das ist ein schwieriger Punkt. Die Bischöfe haben den größten Teil der letzten zehn Jahre damit verbracht, sich für ihre Fehler zu entschuldigen. Das Problem ist, dass das nicht immer sehr glücklich gegenüber der irischen Öffentlichkeit kommuniziert worden ist. In Irland ist die Presse zurzeit ziemlich antikirchlich eingestellt. Vielleicht auch zu recht. Wer die entsprechenden Untersuchungen gelesen hat, der muss betroffen sein. Und die Tatsache, dass die Bischöfe eben nicht alles in ihrer Macht stehende getan haben, hat eine große Wut in der irischen Öffentlichkeit heraufbeschworen. Und eine große Verzweiflung und Demütigung unter den irischen Katholiken.  
Was kann die Kirche denn tun in dieser Situation? Was sind Schritte, um verlorenes Vertrauen innerhalb der Kirche wieder herzustellen?

Die derzeitigen Bischöfe tun gerade sicherlich ihr Bestes, der Öffentlichkeit zu erklären, dass sie Abbitte leisten und zu den Wurzeln des Glaubens zurückkehren wollen – nämlich zu predigen und mit den Leuten zu beten. Es besteht die große Hoffnung, dass auch in Irland die Laien mehr auch in die Kirchenleitung zumindest eingebunden werden. Kardinal Sean Brady hat gesagt, man wolle endlich Pfarrgemeinderäte einführen – bisher gibt es die in Irland gar nicht. Also, ich denke, wir können nach vorne blicken, aber es wird sehr lange dauern.  
Was muss passieren, dass die Kirche in der irischen Gesellschaft auch zukünftig noch eine Rolle spielen kann?

„Ich persönlich glaube, dass die Zukunft der irischen Kirche von einer Sache abhängt: Erziehung, Erziehung, Erziehung. Das mag gerade jetzt seltsam klingen, aber genau das ist der Knackpunkt. Zwar nennen sich beispielsweise neunzig Prozent der irischen Grundschulen ‚katholisch’, aber faktisch ist das Niveau der religiösen Erziehung ziemlich niedrig. Das schwächt den Glauben – und erschüttert ihn natürlich bei einem Skandal wie dem aktuellen. Was die Bischöfe also tun müssen, ist: die Laien weiterzubilden über den Glauben. Wissen bestärkt die Menschen und trägt dazu bei, dass sie ihre Stimme erheben: in der Kirche und in der Gesellschaft. Und das andere ist: Die Kirche muss sich ein bisschen aus der öffentlichen Verantwortung zurückziehen. Über Jahrhunderte war nicht nur das Schul-, sondern auch das Gesundheitswesen ganz in kirchlicher Hand. Was wir tun müssen ist, mehr auf Qualität als auf Quantität zu setzen und gleichzeitig immer wieder herausstellen, was die Mitte unseres Glaubens ist.“ 
(rv 19.02.2010 ds)







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